Atommüll-Transport:Castor-Behälter erreichen Gorleben

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Der zehnte Castor-Transport in das Zwischenlager Gorleben hat am Montagmorgen nach mehr als 58 Stunden Fahrt durch Frankreich und Deutschland sein Ziel erreicht - trotz zum Teil massiver Proteste.

Der erste der zwölf Castor-Behälter mit radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente in Frankreich fuhr um 06.05 Uhr auf einem Tieflader auf das Zwischenlagergelände. An den Straßen von Gorleben nach Dannenberg versuchten in der Nacht 2.000 Atomkraftgegner, den Transport noch aufzuhalten.

Widerstand gegen Gabriels Pläne

Die Bürgerinitiative (BI) Lüchow-Dannenberg warnte nach der Ankunft des Transportes Umweltminister Sigmar Gabriel vor einer Wiederaufnahme der Ausbauarbeiten im Gorlebener Endlagerbergwerk.

"Wir werden uns mit Händen und Füßen gegen den von Gabriel angekündigten Weiterbau wehren", sagte BI-Sprecher Francis Althoff. Der Umweltminister hatte am Wochenende die Wiederaufnahme der seit dem Jahr 2000 gestoppten Erkundungsarbeiten im Gorlebener Salzbergwerk angekündigt. Die Schächte des Gorlebener Endlagerbergwerks sind vom Zwischenlager etwa 500 Meter entfernt.

"Eine Frechheit"

Für die gewaltfreie Aktion "X-tausendmal quer" betonte Jochen Stay, man habe "einen bunten, vielfältigen und sehr viel stärkeren Widerstand erlebt, als in den letzten Jahren". Es sei eine Frechheit, dass Umweltminister Gabriel gerade jetzt ankündige, die Erkundung des Gorlebener Salzstocks fortzusetzen.

Nach Angaben der Bürgerinitiative wurden bei den Protestaktion 146 Castor-Gegner verletzt. Elf mussten demnach im Krankenhaus behandelt werden, davon vier mit schweren Kopfverletzungen. Etwa hundert Demonstranten habe die Polizei in der Nacht in Gewahrsam genommen.

Die Bürgerinitiative kritisierte, dass im Zusammenhang mit einer Ankettaktion auch zwei Rechtsanwälte in Gewahrsam genommen worden seien. Die Festnahme von Anwälten bei Ausübung ihrer Tätigkeit habe es bei den Protesten gegen Castor-Transporte bislang nicht gegeben, sagte BI-Sprecher Althoff.

Die festgenommenen Anwälte hatten in der Nacht vier AKW-Gegner aufgesucht, die sich bei Langendorf in einer 1,2 Tonnen schweren Betonpyramide angekettet hatten. Insgesamt wurden von der "Bäuerlichen Notgemeinschaft", einem Zusammenschluss von Landwirten, zwölf Castor-Gegner am Sonntag in drei der gelben Betonpyramiden auf den Straßen zwischen Dannenberg und Gorleben platziert.

Verzögerungen wegen Sitzblockaden

In jeder Pyramide ketteten sich vier Castor-Gegner mit einem Arm in einer Öffnung im Beton an. Verzögert wurde der Transport in der Nacht auch durch zwei Sitzblockaden auf den beiden zum Zwischenlager führenden Strecken, an denen sich jeweils mehrere hundert Castor-Gegner beteiligten.

Die Sitzblockade auf der nördlichen Route wurde von der Polizei bis 4 Uhr geräumt. Um 4.26 begann der von einem großen Polizeiaufgebot begleitete Straßen-Transport der Atommüllbehälter von der Castor-Umladestation in Dannenberg zum Zwischenlager. Die Station hatte der Atommüllzug aus Frankreich am Sonntagnachmittag erreicht.

Durch den neuen Transport zum Zwischenlager erhöht sich die Zahl der dort aufbewahrten Castor-Behälter von 68 auf 80. Insgesamt soll das Zwischenlager knapp 140 Castor-Behälter aufnehmen. Für 2007 ist allerdings kein Transport geplant. Die Bürgerinitiative erklärte, sie traue diesem Versprechen noch nicht, und kündigte an, im kommenden Jahr in jedem Fall erneut gegen die Gorlebener Atomanlagen zu protestieren.

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