Atomabkommen:"Schlechter Deal" bleibt bestehen

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US-Präsident Trump verlängert die Aussetzung der Sanktionen gegen Iran - obwohl er den Deal noch im Wahlkampf "zerreißen" wollte.

Von Paul-Anton Krüger, Teheran

Viel hat US-Präsident Donald Trump auf das Atomabkommen geschimpft, das sein Vorgänger Barack Obama mit Iran ausgehandelt hat. Er werde den "schlechtesten Deal aller Zeiten zerreißen". Trotz der harschen Rhetorik hat er jetzt die Aussetzung der Sanktionen verlängert - vorerst zumindest. Obama hatte keine Mehrheit im Senat, um sie dauerhaft aufzuheben. Die Aussetzung per Dekret war die Umgehungslösung und gibt Trump einen Hebel, das Abkommen zu kippen. Allerdings hat die EU ihm deutlich gemacht, dass sie ihre Strafmaßnahmen nur wieder in Kraft setzen wird, wenn Iran seine Verpflichtungen verletzt. Diese waren es, die Iran massive Problem bereiteten, nicht die US-Sanktionen. Zähneknirschend hatte Außenminister Rex Tillerson dem Kongress bescheinigen müssen, dass Teheran sich an den Deal hält.

Zumindest an den Wortlaut. Nicht nur die USA sind der Auffassung, dass Irans Tests ballistischer Raketen gegen den Geist der Vereinbarung verstoßen. Doch in dieser Frage hatte sich Obama auf vage Formulierungen eingelassen, wissend, dass Präsident Hassan Rohani und sein Außenminister Mohammed Javad Zarif das Abkommen sonst in Teheran nicht durchkriegen würden. Trump erließ nun erneut gezielte Strafen gegen führende Köpfe des Raketenprogramms in Iran, eine iranische Firma und eine chinesische. Und verwies, gepaart mit Kritik an Irans Unterstützung für den syrischen Machthaber Baschar al-Assad, auf eine laufende Überprüfung der Iran-Politik. Die Botschaft: Die Entscheidung ist nicht irreversibel, wenn herauskommt, dass die Sanktionsaussetzung nicht im "vitalen Sicherheitsinteresse der USA ist". Das aber ist eine rein politische Bewertung.

Aus Teheran, wo eine Kündigung des Abkommens die Präsidentenwahl an diesem Freitag hätte beeinflussen können, kam erwartbarer Theaterdonner. Der Außenamtssprecher warf Washington "Böswilligkeit" vor. Die neuen, "illegalen" Sanktionen stellten das Abkommen infrage; Iran habe ein "absolutes Recht" auf sein Raketenprogramm. Tatsächlich haben Rohani ebenso wie sein Herausforderer Ebrahim Raisi erklärt, das Abkommen einhalten zu wollen und es nicht aufzukündigen - was Raisi im Wahlkampf freilich nicht davon abhielt, wie Trump von einem schlechten Deal zu reden. Nur dass er glauben machen will, Iran habe sich über den Tisch ziehen lassen.

Mehr als eine formelle Kündigung könnte eine Eskalationsspirale den Deal zu Fall bringen. Etwa wenn der Kongress die Revolutionsgarden auf die Sanktionsliste setzt, was bei früheren Anläufen das Pentagon verhindert hat. Oder wenn die Garden im Persischen Golf einen Zwischenfall provozieren. Im Januar 2016 waren zwei Boote der US-Marine in iranische Gewässer gefahren; Zarif und Rohani sorgten dafür, dass die US-Soldaten 15 Stunden später wieder frei waren. Rohani ist im Sicherheitsapparat verdrahtet und ein erfahrener Mann. Raisi ist in solchen Dingen unbeleckt. Solche Vorfälle aber können, schlecht gemanagt, Kriege auslösen, ohne dass es eine der Seiten will.

© SZ vom 19.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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