Atomabkommen:Angst vor Trumps Launen

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Der CIA-Chef Mike Pompeo gilt als möglicher Nachfolger des US-Außenministers Rex Tillerson – weshalb die Befürworter des Atomabkommens derzeit gerne und eindringlich mit ihm reden. (Foto: Manuel Balce Ceneta/dpa)

Sie wirken auf den Senat und Beamte ein: Ein Team aus Ex-Diplomaten versucht, den Atomdeal mit Iran zu retten. Doch die Willkür Trumps könnte den Vertrag zu Fall bringen, den er "den schlechtesten Deal aller Zeiten" nennt.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

An diesem Mittwoch kommen in Wien hohe Diplomaten aus den fünf UN-Vetomächten und Deutschland mit ihren iranischen Kollegen zusammen. Es tagt die gemeinsame Kommission, die über die Umsetzung des Atomabkommens von 2015 wacht. Ein Routinetreffen, es wäre keiner Erwähnung wert, wäre nicht in der Nacht die Frist ausgelaufen, in welcher der US-Kongress über die Wiedereinsetzung der Sanktionen gegen Teheran hätte entscheiden sollen. US-Präsident Donald Trump hatte sich vor zwei Monaten geweigert, der Islamischen Republik zu bescheinigen, dass sie sich an die Abmachung hält - obwohl die Internationale Atomenergiebehörde exakt dies immer wieder tut.

Obwohl im Senat schon Textpassagen für ein neues US-Gesetz zirkulierten, mit dem Gegner des Deals dessen Laufzeitbegrenzung aushebeln und Iran Beschränkungen für sein Raketenprogramm auferlegen wollten, ließ der Kongress eine Frist tatenlos verstreichen. Weder Republikaner noch Demokraten haben einen Entwurf eingebracht, auch wenn Trump und sein Außenminister Rex Tillerson dies verlangt hatten. Ein Restrisiko bleibt aber: Trump könnte jederzeit seine Drohung wahrmachen und den Deal doch noch kündigen.

Eine Phalanx von Experten und ehemals hochrangigen Diplomaten mit guten Verbindungen zu den Republikanern umgarnt seit Monaten den Senat und Trumps Regierung. Sie wollen verhindern, dass sich die USA auch in dieser Frage vom Rest der Welt isolieren. Ihrer Ansicht nach überwiegen die Vorteile des Abkommens dessen Unzulänglichkeiten. Zudem fürchten sie, dass es bei einem Ausstieg Trumps noch schwerer würde, Irans regionalen Ambitionen im Irak, in Syrien, Jemen oder Libanon geschlossen entgegenzutreten oder wegen des Raketenprogramms Druck auf Teheran zu machen - wozu sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bereit gezeigt hat und auch die Bundesregierung.

Im Zentrum dieser Bemühungen stehen zwei Männer, die Trumps Ohr haben und künftig deutlich an Einfluss gewinnen könnten: CIA-Chef Mike Pompeo und Senator Tom Cotton aus Arkansas, beide erklärte Iran-Falken. "Sie sind bereit, unsere Argumente zu hören und verstehen, dass die USA durch eine Kündigung des Abkommens oder einseitige Schritte nichts gewinnen, aber viel verlieren würden", sagt ein Ex-Diplomat, der mehr als 30 Jahre im Außenministeriums gearbeitet und höchste Posten bekleidet hat, etwa als Botschafter in Nahost und angrenzenden Ländern.

Pompeo gilt als möglicher Nachfolger von Außenminister Tillerson, über dessen Ablösung viel spekuliert wurde, da er nicht nur in der Iran-Frage mit Trump über Kreuz liegt. Cotton könnte ihm an der Spitze des Auslandsgeheimdienstes folgen. Mit Tillersons Abgang wird jedoch nicht vor Februar gerechnet: Nach einem Jahr im Amt fallen keine Steuern mehr auf die Veräußerungen der Aktienpakete an, die er bei Amtsantritt abstoßen musste.

Das Außenministerium sei nicht nur innerhalb der Regierung marginalisiert, sondern inzwischen durch den Exodus führender Diplomaten und Tillersons zentralistischen Führungsstil so weit geschwächt, dass wesentliche Bereiche der amerikanischen Außenpolitik in anderen Foren erarbeitet würden, klagt der Diplomat, der unter George W. Bush auch im Weißen Haus diente: "Die kriegen nicht einmal mehr Vorlagen formuliert, weil alles über Tillersons Tisch muss, und der völlig überfordert ist." Das Ringen um den Umgang mit dem Iran-Abkommen ist demnach nur ein Beispiel.

Was ihn nachts nicht schlafen lasse, sei, dass Trump eines Morgens feststellen könnte, dass sein Team für nationale Sicherheit "in keiner Weise die bombastischen Ankündigungen des Präsidenten einlöst", sagt der Ex-Diplomat. Die Mitarbeiter verfolgten bislang eine relativ pragmatische Politik, Trump könnte sie aus einer Laune heraus durch bedingungslos loyale Gesinnungsgenossen ersetzen. Seine Jerusalem-Entscheidung folge einem ähnlichen Muster wie seine Iran-Ideen. "Rechtlich hat sie zunächst überhaupt keine Auswirkungen", so der Ex-Diplomat. Politisch aber richte sie nur Schaden an, während der Dealmaker Trump es versäumt habe, sich Gegenleistungen zu sichern. Nicht genug für die USA herausgeholt zu haben, sei gleichzeitig Trumps wichtigster Kritikpunkt am angeblich "schlechtesten Deal aller Zeiten".

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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