Asylskandal:Klarheit tut not

1000 Euro fürs Bleiben? Der Fall der Bremer Flüchtlings­behörde sollte der Fall für einen Sonderermittler werden.

Von Jan Bielicki

Eintausend Euro, bar und ohne Rechnung - das wäre ein sehr günstiger Preis dafür, ganz ohne behördliche Überprüfung als anerkannter Flüchtling in Deutschland aufgenommen zu werden. Sollten solche Deals rund um die Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge tatsächlich gelaufen sein, wären das auch Straftaten. Wer sich womöglich wie strafbar gemacht hat, ermittelt derzeit die Bremer Staatsanwaltschaft. So gehört es sich auch.

Doch längst geht es im Bremer Verdachtsfall womöglich tausendfacher Manipulation von Asylverfahren um weit mehr als die Schuld einer einzelnen Beamtin und einiger Asylanwälte. Die Art, wie die Behörde auf die ihr gemeldeten "Implausibilitäten" (lange nicht) reagierte, die Weise, wie sie mit einer zum Aufräumen geschickten Mitarbeiterin umsprang, als die Vorwürfe öffentlich wurden - all das weist auf das Bundesamt selbst. Denen, die immer schon gegen die Aufnahme von Flüchtlingen agitierten, liefert die Affäre Argumente.

Nein, natürlich hat hier nicht der Staat versagt und auch nicht das ganze Bundesamt - dennoch reicht es nicht, nun 18 000 Bremer Asylverfahren nach Unregelmäßigkeiten zu flöhen. Das ist sicher nötig, aber um das Vertrauen in das korrekte Funktionieren des deutschen Asylsystems wieder herzustellen, braucht es mehr - vor allem mehr Transparenz. Bundesinnenminister Horst Seehofer hat die Affäre geerbt. Er sollte eine gründliche Untersuchung nicht nur ankündigen, sondern einen unabhängigen Sonderermittler einsetzen.

© SZ vom 19.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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