Asylfrage:Merkel sucht Verbündete in der EU

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Die Kanzlerin erzielt in Brüssel noch keinen Durchbruch. Sie will Absprachen mit einzelnen Ländern treffen.

Von Constanze von Bullion und Thomas Kirchner, Brüssel/Berlin

Um den Bruch ihrer Regierung zu verhindern, hat Kanzlerin Angela Merkel am Sonntag einen Kompromiss in der Flüchtlingspolitik mit europäischen Partnern gesucht. Bei einem Migrations-Sondertreffen von 16 EU-Staaten am Sonntag in Brüssel gelang dies noch nicht. Man sei sich einig gewesen, illegale Migration eindämmen zu wollen, sagte Merkel anschließend. Dies solle möglichst auf Basis einer europäischen Lösung geschehen. Wo dies nicht erreichbar sei, wolle man die willigen Länder zusammenführen und einen "gemeinsamen Rahmen für die Zusammenarbeit erarbeiten". Daran werde nun in den nächsten Tagen bis zum EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag dieser Woche und auch danach gearbeitet.

Merkel muss bis spätestens nach diesem Gipfel eine Lösung erreicht haben, die Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) von einem nationalen Alleingang in der Asylfrage abhält. Ziel sind Abmachungen, um Asylbewerber leichter in deren Ankunftsländer zurückschicken zu können. Seehofer droht damit, diese Menschen sonst an der Grenze zurückzuweisen. Das ginge allerdings zu Lasten von Italien, Griechenland oder Spanien.

Zudem sprachen sich die Teilnehmer laut Merkel für besseren Grenzschutz aus und weitere Abkommen mit Herkunfts- und Transitstaaten nach dem Vorbild des EU-Türkei-Deals. "Wir sind uns alle einig, dass wir die illegale Migration reduzieren wollen, dass wir unsere Grenzen schützen wollen und dass wir alle für alle Themen verantwortlich sind", sagte sie. Es habe "viel guten Willen" gegeben. Es seien nicht einige Staaten für die Migration in die EU zuständig und die anderen für das Weiterziehen von Flüchtlingen von einem EU-Land in ein anderes.

Frankreich und Spanien forderten, Zentren für ankommende Migranten "auf europäischem Boden" zu errichten. Italien wiederum will einen "radikalen Wandel" und schlägt vor, die Dublin-Regeln zu "überwinden". Aus der Pflicht, Menschen auf See zu retten, dürfe nicht die Pflicht entstehen, deren Asylbegehren im Namen aller Staaten zu bearbeiten.

Desinteressiert an einer europäischen Lösung zeigte sich der bayerische Ministerpräsident Markus Söder: "Deutsches Recht, nationales Recht muss gelten, und ich bin froh, dass die Entscheidung schon getroffen wird", sagte der CSU-Politiker am Sonntag in Vilsbiburg. "Jemand, der ein Einreiseverbot hat, der muss an der Grenze zurückgewiesen werden", rief er den Zuhörern im Festzelt zu und ließ damit kaum Spielraum für Merkel.

Während Söder sagte, wenn die EU-Außengrenzen nicht geschützt seien, müsse national gehandelt werden, widersprach dem Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU). In einem Beitrag für die Wetzlarer Neue Zeitung schrieb er, bei der Zurückweisung von Flüchtlingen brauche man Kooperation. "Dabei können wir nur erfolgreich sein, wenn wir uns mit unseren europäischen Nachbarn absprechen." Merkel wolle hier vorankommen. Er hoffe, dass die CSU das Ergebnis sachlich prüfe. Auch wenn einige Länder mit ihrer Abschottung scheinbar Erfolg hätten, müsse man weitsichtig handeln.

Zunehmend verärgert zeigt sich Merkels Koalitionspartner, die SPD. Parteichefin Andrea Nahles sagte, durch die CSU werde die Grundlage der Koalition infrage gestellt. Bei der für Dienstagabend geplanten Krisensitzung des Koalitionsausschusses werde sie "Tacheles" reden. Die SPD stehe zum Koalitionsvertrag, aber sie wolle am Dienstag von der Union wissen, ob "alle anderen auch noch bereit sind, Verantwortung für dieses Land zu übernehmen".

© SZ vom 25.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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