Asyl in Deutschland:Mehr Entscheider, schnellere Verfahren

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Flüchtlinge im Hafen von Lampedusa: In Deutschland stellten in diesem Jahr bis Ende April bereits 114 125 Menschen einen Asylantrag. (Foto: Alberto Pizzoli/AFP)

Der Bund verspricht 2000 zusätzliche Stellen, um Anträge von Flüchtlingen rascher zu bearbeiten.

Von Stefan Braun und Jan Bielicki, Berlin/München

Bund und Länder wollen angesichts der wachsenden Flüchtlingszahlen die Antragsverfahren durch zusätzliche Mitarbeiter deutlich beschleunigen. Ziel soll es sein, Bürgerkriegsflüchtlinge, beispielsweise aus Syrien, schneller aufnehmen und integrieren zu können. Gleichzeitig erklärten sich die Länder bei einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin bereit, die Verfahrensdauer vor den Verwaltungsgerichten zu beschleunigen, um jene, die nicht anerkannt würden, schneller wieder in ihre Herkunftsländer zurückschicken zu können. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Hannelore Kraft (SPD) betonte, hier stünden die Länder in der Pflicht.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, mit den geplanten Maßnahmen stellten Bund und Länder darauf ab, zwischen jenen, die schnell umfassende Aufnahme verdient hätten, und jenen, die aller Voraussicht nach abgelehnt würden, zu unterscheiden. Nach Angaben des Ministers sollen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bis zu 2000 neue Stellen geschaffen werden, darunter 750 in diesem Jahr. Mit ihrer Hilfe sollen Erstanträge schneller bearbeitet und eine Großzahl an Altfällen abgeschlossen werden.

Vorgesehen ist darüber hinaus, bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 18. Juni auch in anderen Bereichen Verbesserungen für Flüchtlinge zu beschließen. So sollen zum Beispiel die Integrationskurse für aussichtsreiche Antragsteller geöffnet und die Versorgung von traumatisierten Flüchtlingen verbessert werden. Merkel betonte, all das werde Geld kosten, und über die Verteilung der Lasten sei noch nicht gesprochen worden. Sie sei jedoch "hoffnungsvoll", dass dieses Problem bis zum 18. Juni gelöst werde.

Vizekanzler Gabriel: Deutschland ist "ein starkes und mitfühlendes Land"

Unterstützung für die Pläne kamen von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel. Der SPD-Chef sagte, die Vorschläge des Innenministers seien ausgezeichnet. Bund und Länder, aber auch die vielen Initiativen von Bürgern zeigten, dass Deutschland ein "starkes und mitfühlendes Land" sei.

Wie sehr das Problem drängt, zeigen die Zahlen, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) der Runde auf den Tisch legte. Danach stellten in diesem Jahr bis Ende April bereits 114 125 Menschen einen Asylantrag. Das sind deutlich mehr als doppelt so viele wie in den ersten vier Monaten des vergangenen Jahres. Die Asyl-Entscheider des Bamf haben 2015 bereits über doppelt so viele Anträge entschieden wie im gleichen Vorjahreszeitraum. Dennoch ist die Zahl der noch unerledigten Fälle auf 210 000 gestiegen.

Bislang dauern die Verfahren im Schnitt etwa fünf Monate. Etwas kürzer, aber ebenfalls monatelang müssen auch Asylbewerber aus den Nicht-EU-Staaten Südosteuropas untergebracht werden. Sie machen mehr als die Hälfte der Antragsteller aus und haben praktisch keine Chance auf Anerkennung. Diese Last ist für viele Kommunen das derzeit größte Problem. Weil die Erstaufnahmestellen - zuständig dafür: die Bundesländer - chronisch überlaufen sind, schicken Landesbehörden die Flüchtlinge schnell weiter in die Kommunen, oft so kurzfristig, dass es "nicht einmal den Mindestanforderungen" an einen geordneten, berechenbaren und zumutbaren Verwaltungsvollzug entspreche, klagte der Deutsche Städtetag am Freitag.

Hinzu kommt, dass die Kommunen laut Städtetag je nach Land auf zehn bis 80 Prozent der Kosten sitzen bleiben, weil die Länder Bundesmittel nicht vollständig an die Städte und Landkreise weiterleiten. In der Bundesregierung sorgt das seit Monaten für wachsende Verärgerung. Deshalb ist noch viel zu tun, wenn Bund und Länder am 18. Juni eine Lösung präsentieren wollen.

© SZ vom 09.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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