Armut:Der Traum vom Urlaub am Meer

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1,6 Millionen Deutsche unter 15 Jahren leben derzeit ausschließlich oder zum Teil von Hartz IV. (Foto: Stefan Sauer/dpa)

Eine Studie zeigt, was Kindern in Hartz-IV-Haushalten alles fehlt. Viele Familien klagen über bürokratische Hürden.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Die Eltern haben kein Auto. Ein Urlaub in der Alpen oder am Meer bleibt ein Traum. Sogar für einen Wintermantel fehlt das Geld. Für viele Kinder in Hartz-IV-Haushalten ist das der Alltag. Dies geht aus einer neuen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hervor. Das IAB hat dabei den Lebensstandard von Kindern, deren Eltern die staatliche Grundsicherung (Hartz IV) beziehen, mit der Situation von Kindern in gesicherten Einkommensverhältnissen verglichen.

In Deutschland lebten im Januar 2015 nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 6,1 Millionen Menschen ausschließlich oder zum Teil von Hartz IV. Derzeit beläuft sich der Regelsatz für einen Alleinstehenden auf 399 Euro plus Miet- beziehungsweise Wohnkosten. 1,6 Millionen der Bezieher der staatlichen Hilfe sind unter 15 Jahren.

Kinder erhalten zusätzlich zu ihren Eltern ebenfalls Hartz IV (Sozialgeld). Die IAB-Untersuchung, die auf einer repräsentativen Befragung beruht, zeigt nun: Jedes fünfte Kind in einem Hartz-IV-Haushalt lebt in beengten Wohnverhältnissen. 76 Prozent können keinen Urlaub von mindestens einer Woche machen - bei den Kindern, deren Eltern nicht auf die Grundsicherung angewiesen sind, trifft dies nur auf 21 Prozent zu. Jedes siebte Kind im Hartz-IV-Bezug hat zu Hause keinen Zugang zum Internet. Mehr als ein Drittel dieser Haushalte verfügt auch nicht über ein eigenes Auto. 31 Prozent geben an, aus finanziellen Gründen keine Freunde nach Hause zum Essen einladen zu können. Jeder zehnte dieser Haushalte besitzt nach eigenen Angaben nicht einmal für alle Bewohner ausreichende Kleidung für den Winter. Zur chronischen Geldnot kommen oftmals Krankheiten oder die Trennung der Eltern hinzu. Das zeigt eine Studie der Armutsforscherinnen Sabine Andresen und Danijela Galic von der Universität Frankfurt. Sie führten Interviews mit 27 Familien, deren Leben von Armut geprägt ist.

Die Eltern klagten dabei häufig über zu viele Anlaufstellen in den Behörden, wechselnde Ansprechpartner und bürokratische Hürden. In der Frankfurter Untersuchung heißt es, die Familien- und Sozialpolitik konzentriere sich zu stark darauf, die Mütter und Väter wieder in den Arbeitsmarkt zu einzubinden. Nötig seien zentrale Anlaufstellen mit festen Ansprechpartner, die die jeweilige Familiensituation wirklich kennen.

© SZ vom 11.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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