Argentinien: Die Kirchners:Eine Dynastie taumelt

Nach der Niederlage bei der Parlamentswahl wankt die Dynastie der Kirchners in Argentinien. Zum Verhängnis geworden ist ihnen das, was sie groß gemacht hat: ihre Arroganz.

Sebastian Schoepp

Als Néstor Kirchner 2003 Präsident Argentiniens wurde, lag das Land am Boden, war faktisch pleite. Mit einer rigorosen Schuldenpolitik auf Kosten von Anlegern weltweit schaffte der Linksperonist die Wende, und hohe Agrar- und Rohstoffpreise taten das Ihre, um ein kleines argentinisches Wirtschaftswunder einzuleiten.

Kirchner regierte rücksichtslos, unnahbar und arrogant, was ihm in Krisenzeiten nicht schadete. Seine Popularität verhalf 2007 seiner Frau Cristina zum Sieg, er blieb ihr inoffizieller Premier - eine Familiendynastie schien zu entstehen, wie einst bei Übervater Juan Domingo Perón. Doch nun ist der "Kirchnerismus" ins Taumeln geraten.

Die Niederlage bei der Parlamentswahl ist deswegen so herb, weil die Kirchners und ihre Parteigänger nicht nur auf dem Land verloren haben, sondern auch in der Provinz Buenos Aires, wo die meisten Argentinier leben, darunter das urbane Bürgertum.

Mit den Bauern und Agrarbaronen in der Pampa hatten sie es sich sowieso schon verscherzt. Präsidentin Kirchners Plan, die wachsende Armut durch Umverteilung von oben nach unten zu bekämpfen, erregte den Widerstand derer, die den Wohlstand erwirtschaften und die hohen Steuern und Abgaben zahlen sollten.

Zum Verhängnis geworden ist den Kirchners dabei vor allem das, was sie groß gemacht hat: ihre Arroganz. Anstatt den Bürgern die Notwendigkeit von Gemeinsinn zu erklären, versuchten sie, Solidarität zu dekretieren. Das kommt schlecht an in einem Land, in dem gesamtgesellschaftliches Handeln seit jeher ein Fremdwort ist. Mitten in der Weltwirtschaftskrise, die den bescheidenen Wohlstand wieder dahinrafft, will Argentinien offenbar neue Retter sehen.

© SZ vom 30.06.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: