Arbeitszeiten:Vati bei der Bahn

Auch Lokführer sollten nicht sechs Tage am Stück arbeiten müssen.

Von Detlef Esslinger

Es gibt Parolen, die von ihren Urhebern zwar schon vor Jahrzehnten außer Dienst gestellt wurden, die aus der Erinnerung aber trotzdem nie ganz verschwunden sind. "Samstags gehört Vati mir!" zum Beispiel - mit diesem Spruch kämpften die Gewerkschaften in den Fünfziger- und Sechzigerjahren unter anderem für die Fünf-Tage-Woche. In den meisten Firmen und Branchen ist das Ziel längst erreicht, und "Vati" sagt auch keiner mehr; aber wer macht sich während einer Bahnreise schon Gedanken, dass die damit gemeinte Person, sofern Lokführer oder Zugbegleiter von Beruf, oft sechs Tage nacheinander nicht der Familie, sondern der Firma gehört?

Die Deutsche Bahn ist ein ordentlicher, anständiger Arbeitgeber, und wer Lokführer werden will, der weiß, dass Arbeitszeiten wie in der Verwaltung hier nicht zu haben sind. Züge müssen nun mal auch an Wochenenden gesteuert werden. Dennoch zeigen nicht nur die Forderungen der Lokführer-Gewerkschaft, sondern auch das Angebot der Bahn, dass die Dinge nicht so bleiben sollten, wie sie sind.

Lokführer sind keine Großverdiener, denen man es zumuten könnte, auch mal sechs Tage am Stück zu arbeiten. Da muss seitens des Arbeitgebers mehr drin sein als das Angebot, eine "Schichttauschbörse" auszuprobieren. Nun gut; die Phase, in der Druck und Drohungen wechselseitig die Kreativität erhöhen, die kommt in dieser Tarifrunde ja erst noch.

© SZ vom 26.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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