Antrittsbesuch in London:Merkel dringt auf rasche Einigung über EU-Haushalt

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Die Kanzlerin will Europa wieder handlungsfähig machen - doch Premier Tony Blair gibt sich zurückhaltend.

Wolfgang Koydl

Im Streit über die EU-Finanzplanung für die Jahre 2007 bis 2013 möchte die Bundesregierung noch im Dezember eine Einigung erzielen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Tony Blair in London, sie wolle "alles tun", um noch unter der EU-Ratspräsidentschaft Großbritanniens eine Lösung zu finden, "damit Europa wieder handlungsfähig wird".

Mit Blick auf den EU-Gipfel Mitte Dezember ergänzte sie: "Wir haben noch drei Wochen Zeit." Blair äußerte sich jedoch zurückhaltend über die Aussichten auf eine rasche Verständigung.

Der Premier sagte: "Großbritannien tut sein Möglichstes", die Angelegenheit sei jedoch "schwierig und hart". Auch Merkel sprach davon, dass es sich bei dem Budget-Streit um eine "komplizierte Aufgabe" handele. Sie warnte davor, dass "kein Land ein anderes überfordern" dürfe.

Auf die Frage, welche Chancen eine Einigung bis zum nächsten Gipfel habe, antwortete sie ausweichend. "Ich habe den festen Willen gespürt, dass die britische Präsidentschaft einen Beitrag leisten will", erklärte sie. Nähere Angaben machte sie nicht.

Vor ihrem Besuch bei Blair hatte Merkel erkennen lassen, dass sich der neue Versuch an den Vorschlägen orientieren müsse, die im Juni beim gescheiterten EU-Gipfel in Brüssel diskutiert worden seien.

Interessen bündeln

Dies wurde als Aufforderung an Großbritannien verstanden, sich zu bewegen. Der damalige Kompromissvorschlag sah ein Einfrieren des britischen Beitragsrabatts zum EU-Haushalt vor, was London jedoch abgelehnt hatte.

Merkel sagte weiter, die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich habe zwar "eine lange Tradition". Dies werde aber "nicht gegen Großbritannien gehen", sagte die Kanzlerin.

Einstimmig betonten Blair und Merkel, dass die EU die Herausforderungen der Globalisierung nur dann annehmen könne, wenn es seine Interessen bündele.

Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bemühte sich um Fortschritte im Finanzstreit. Steinmeier sagte nach einem Treffen mit seinem estnischen Amtskollegen Urmas Paet in Berlin, man müsse jetzt alle Bemühungen Londons "unterstützen, den Kompromiss zu Stande zu bringen".

Bereits am Mittwoch hatte er erklärt, man könne nicht über das Budget sprechen, ohne über den Britenrabatt zu reden.

Auch die neuen EU-Mitglieder drängten auf eine schnelle Einigung. Die zehn Staaten hätten sich auf eine gemeinsame Position verständigt und diese in einem Brief an die EU festgehalten, sagte der polnische Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz nach einem Gespräch mit Blair, den er vor Merkel in London getroffen hatte. Details nannte er nicht.

Der britische Botschafter in Deutschland, Sir Peter Torry, sagte dem Fernsehsender n-tv, als größte EU-Beitragszahler hätten Großbritannien und Deutschland gemeinsame Interessen. Notwendig sei ein zukunftsorientierter und kleinerer Haushalt.

© SZ vom 25. November 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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