Antirassismuskonferenz:Schaulaufen der Heuchler

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Die Vereinten Nationen laden zu einer Konferenz, die nur als Bühne der Israel-Hasser dient - und das am Geburtstag Hitlers.

Ronald S. Lauder

Am 20. April jährt sich zum 120. Mal die Geburt Hitlers, des schlimmsten Massenmörders und Rassisten der Menschheitsgeschichte. Und ausgerechnet am 20. April beginnt nun in Genf eine Konferenz der Vereinten Nationen, bei der die Ergebnisse der Antirassismuskonferenz aus dem Jahr 2001 im südafrikanischen Durban und ihre Umsetzung überprüft werden sollen. Die Veranstaltung an einem symbolträchtigen Datum wie diesem abzuhalten, wäre eigentlich zu begrüßen, wenn nicht die Vorgeschichte dagegen spräche.

Kerzenwache während der ersten UN-Konferenz gegen Rassismus in Durban, Südafrika. (Foto: Foto: dpa)

An die erste UN-Konferenz gegen Rassismus in Durban, Südafrika, im September 2001 erinnern sich Diplomaten und Menschenrechtsorganisationen mit Grauen. Denn sie entwickelte sich zu einem Schaulaufen der Heuchler, Despoten, der Antisemiten und der Israel-Feinde. Der jüdische Staat wurde als rassistisch gebrandmarkt und sein - von den Vereinten Nationen verbrieftes - Existenzrecht in Frage gestellt.

Es zeigt sich in der Vorbereitung der Konferenz fast täglich aufs Neue, dass es vielen teilnehmenden Staaten nicht um die Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz geht, sondern darum, eigene Verfehlungen durch unfaire Attacken auf Israel und die Juden zu kaschieren. Israel wird als Apartheid-Staat diffamiert, in dem Juden angeblich Andersgläubige unterdrücken.

Mehrfach sind Resolutionen und Anträge eingebracht worden, die nicht Rassismus bekämpfen, sondern Israel als rassistisch verleumden. Israel ist das einzige Land, das namentlich kritisiert wird - ein Zynismus sondergleichen, denn wäre Israel in puncto Rassismus und Intoleranz wirklich das Hauptproblem, dann würden wir in einer fast perfekten Welt leben.

Die Konferenz in Genf steht unter dem Motto "Würde und Gerechtigkeit für alle". Man kann ironisch fragen, ob sich auch Länder wie Iran, Libyen, Kuba oder Pakistan dem verpflichtet fühlen. Die Ironie bleibt einem jedoch im Halse stecken, weil man erkennen muss, dass diese Länder bei der Veranstaltung das Wort führen.

Libyen sitzt dem Vorbereitungsausschuss vor, der Berichterstatter des Organisationskomitees kommt aus Kuba, und auch Iran spielt eine tragende Rolle. Angesichts der Zustände in diesen Ländern ist dies eine Verhöhnung der Konferenz. In Pakistan wurde unlängst den Taliban in dem von ihnen beanspruchten Swat-Tal zugestanden, die Scharia einzuführen. Frauen riskieren nun wieder viel, wenn sie nach Bildung oder persönlicher Freiheit streben.

Irans Rolle ist besonders schlimm: Mit der Veranstaltung erhalten die Hassprediger in Teheran erneut eine internationale Bühne. In Iran werden Minderheiten wie die Bahai diskriminiert und Menschenrechte aufs schlimmste verletzt. Iran lässt sogar homosexuelle Minderjährige öffentlich hinrichten, und Frauen droht bei Ehebruch die Steinigung.

Der Völkermord in Ruanda ist erst 15 Jahre her, und doch gibt es wieder bedrohliche Anzeichen, dass er sich anderswo in Afrika wiederholen könnte. In der Region Darfur mussten Hunderttausende sterben, weil das dem diktatorischen Präsidenten des Sudan und den Nachbarstaaten schlicht gleichgültig war. Der libysche Staatschef Gaddafi macht Israel für Darfur verantwortlich, und die Afrikanische Union, welcher Gaddafi vorsteht, unternimmt recht wenig gegen den Konflikt.

Vorwand "Beleidigung der Religion"

Der jüngste Menschenrechtsbericht des amerikanischen Außenministeriums spricht eine deutliche Sprache: Gerade jene Länder, die sich bei den Vereinten Nationen als Kämpfer gegen Rassismus aufschwingen, sind die größten Sünder, wenn es um die Missachtung der Menschenrechte im eigenen Land geht.

Die Gremien der UN - insbesondere die Vollversammlung und der Menschenrechtsrat - sind zu beliebten Foren jener Heuchler geworden, die Verfehlungen anderer anprangern, um von eigenen abzulenken. In den zweieinhalb Jahren seines Bestehens wurde Israel durch den UN-Menschenrechtsrat bereits 15 Mal verurteilt. Andere, wesentlich schlimmere Konflikte wurden dagegen gar nicht behandelt oder mittels diplomatischer Formeln diskret ad acta gelegt.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum UN-Menschenrechtskommissarin Navanethem Pillay die Konferenz absagen sollte.

Es besteht die Gefahr, dass auch die UN-Antirassismuskonferenz erneut instrumentalisiert wird, um ganz andere Ziele zu verfolgen als die Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz. Manche islamische Länder wollen eine drakonische Beschränkung der Meinungsfreiheit unter dem Vorwand der "Beleidigung der Religion".

Ronald S. Lauder, 65, ist Präsident des Jüdischen Weltkongresses. (Foto: Foto: Getty)

Zuletzt sah sich sogar UN-Menschenrechtskommissarin Navanethem Pillay, die Ausrichterin der Rassismuskonferenz, genötigt, die teilnehmenden Staaten zur Objektivität aufzufordern und sich auf die eigentlichen Ziele der Konferenz zu konzentrieren. Das ist ehrenwert, lässt aber nichts Gutes erahnen.

Die Bundesregierung zögert noch mit ihrem Boykott

Klar ist: Die Ziele der Veranstaltung können nach derzeitigem Stand nicht erreicht werden. Bevor nun noch mehr Schaden angerichtet wird, sollte Frau Pillay die Konferenz absagen. Andernfalls müssen die westlichen Regierungen ihr fernbleiben. Bereits vor gut einem Jahr erklärte die kanadische Regierung ihren Boykott, dieser Tage schlossen sich die US-Regierung und Italien an. Andere, darunter auch die Bundesregierung, zögern leider noch.

Die EU-Ratspräsidentschaft hat im vergangenen Jahr vier "rote Linien" definiert, deren Überschreitung nach sich ziehen würde, dass die europäischen Regierungen bei der Genfer Konferenz nicht teilnehmen. Obwohl diese Linien eindeutig überschritten wurden, zögern die europäischen Regierungen, ausgenommen eben Italien, leider noch.

Diplomaten streben nach kleinen Fortschritten und Kompromissen. Es gibt aber auch Momente, die nach politischer Führung verlangen. Diplomatie ist kein Selbstzweck, und das Streben nach einem Abschlussdokument, auf das sich die Staaten einigen können, darf nicht dazu führen, dass Freiheit und Menschenrechte relativiert werden.

Europa ist gefordert. Noch ist es nicht zu spät, eine Wiederholung des Desasters von 2001 zu verhindern. Die Europäer sollten nicht noch einmal gutmütig in die Falle tappen, die ihnen selbst ernannte Streiter für Menschenrechte gestellt haben. Gerade Deutschland müsste am 20. April der Konferenz in Genf demonstrativ fernbleiben. Noch ist es für die Bundesregierung nicht zu spät, ein starkes Zeichen zu setzen.

Autor Ronald S. Lauder, 65, ist Präsident des Jüdischen Weltkongresses.

© SZ vom 14.03.2009/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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