Antarktis-Meer:Beispielhaft

Die Menschheit versucht einmal etwas ganz Neues: Verzicht.

Von Marlene Weiss

Auf etwas zu verzichten, das einem nie gehört hat - es klingt so einfach. Und doch ist es schwierig, wie man bei den jahrelangen Verhandlungen der Internationalen Antarktis-Kommission über ein Meeresschutzgebiet merken konnte. Das Rossmeer vor dem Kontinent ist internationales Gewässer und wird es auch bleiben; der Antarktis-Vertrag hat territoriale Ansprüche in der Region buchstäblich eingefroren. Zudem ist dieses Meer zwar fischreich, aber abgelegen und eiskalt; was will man dort schon? Im Grunde hat das nun beschlossene Schutzgebiet im Rossmeer an der antarktischen Küste niemanden viel gekostet.

Der Nutzen für die Natur ist hingegen enorm: Die Region ist eines der letzten Stücke weitgehend intakter Wildnis auf der Welt, die Heimat von Pinguinen, Robben, Walen, Fischen, Krill, Schwämmen und Algen; jede einzelne Art ein unverzichtbarer Teil eines unglaublichen Ökosystems. Das reiche Leben, das dort in der Kälte heranwächst, ist eine wichtige Nahrungsquelle für viele Arten im Meer.

Trotzdem ist es vielen Staaten schwergefallen, dem Schutzstatus zuzustimmen. Das Rossmeer ist das erste richtig große Meeresschutzgebiet auf hoher See, jenseits der nationalen Hoheitsgebiete. Damit ist es ein Präzedenzfall für weitere solche Gebiete; ein Prozess des Verzichts auf wenigstens einen Teil der Ozeane hat begonnen, der vielleicht nun seine eigene Dynamik entwickeln wird. Das war für viele kein leichter Schritt. Umso schöner, dass es nun endlich geklappt hat.

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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