Anschlag in Jakarta:Der Attentäter aus dem 18. Stock

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Der Terror kehrt nach Indonesien zurück: Bei Selbstmordanschlägen auf zwei Luxushotels in Jakarta sterben neun Menschen. Der Verdacht fällt auf Islamisten.

Oliver Meiler

Der Attentäter hatte sich im 18. Stockwerk eingemietet, im Zimmer 1808 des JW Marriott in Jakarta, eines Luxushotels im Geschäftsviertel Kuningan, dem kommerziellen Herzen der indonesischen Hauptstadt. Als Gast. Kurz vor acht Uhr in der Früh zündete er seine Bombe. Die Polizei berichtete, sie habe noch etliche weitere Sprengkörper entschärfen können, die in dem Hotel untergebracht gewesen waren.

Terror in Jakarta Rauch steigt aus dem Marriott-Hotel auf. (Foto: Foto: AP)

Wahrscheinlich wollten die Terroristen das Hochhaus aus Glas und Stahl zum Einstürzen bringen. Fast gleichzeitig zündete ein zweiter Selbstmordattentäter seine Bombe im nahen Ritz Carlton, einem Fünfsterne-Hotel derselben amerikanischen Kette. Eine schwarze Wolke erhob sich aus dem Stadtviertel. Neun Menschen kamen insgesamt um, 50wurden verletzt. Das Marriott in Jakarta war schon einmal, im August 2003, mit einer Autobombe angegriffen worden. Damals wurden zwölfMenschen in den Tod gerissen.

Der Doppelschlag beendet eine längere Phase relativer Ruhe in Indonesien. Das letzte große Attentat lag vier Jahre zurück. Indonesiens Präsident trat bald nach den Explosionen vor die Medien und sprach von einer grausamen und unmenschlichen Tat: "Die Leute, die hinter diesem terroristischen Akt stehen, werden verhaftet und nach den Gesetzen dieses Landes verurteilt werden", sagte Susilo Bambang Yudhoyono, der vor einer Woche mit einem deutlichen Wahlsieg in seinem Amt bestätigt worden war.

Als einer der Gründe für Yudhoyonos Triumph an der Urne galt seine beachtliche Bilanz im Kampf gegen den Terrorismus. Indonesien gelang es in den vergangenen Jahren, die Terrororganisation Jemaah Islamiyah (JI), die unter anderem 2002 die Bombenanschläge auf zwei Nachtlokale auf Bali verübt hatte und mit al-Qaida kooperierte, nahezu unschädlich zu machen. Umso größer waren am Freitag der Schock und die Überraschung über den Terrorakt.

Bis auf einige wenige wurden in den vergangenen Jahren alle Führungsleute der Gruppe verhaftet. Kronzeugen halfen dem Staat bei der Aushebung von Verstecken und Zellen und profitierten dafür von Schutzprogrammen. Bei rigoros öffentlichen Prozessen erfuhr das Volk, wie die Fundamentalisten denken und wie wenig sie unterschieden zwischen ihren Opfern. Als Folge davon schrumpfte die Gunst für islamistische Parteien und Gruppierungen schnell - selbst für die moderaten und parlamentarischen. Die Jemaah Islamiyah galt als arg geschwächt. Drei ihrer wichtigsten Führungsleute wurden im vergangenen Jahr nach einem Todesurteil im Zusammenhang mit den Bomben von Bali hingerichtet. Experten zweifelten daran, ob JI überhaupt jemals noch in der Lage sein würde, einen größeren Terroranschlag ausführen zu können, ob sie also dafür Mittel und Leute genug habe.

Dieser Meinung ist zum Beispiel nach wie vor Sidney Jones von der Denkfabrik International Crisis Group. Der Süddeutschen Zeitung sagte die beste Kennerin der Terrornetzwerke in Südostasien am Freitag: "Ich glaube nicht, dass Jemaah Islamyiah hinter dieser Operation steht. Die Gruppe ist derzeit nicht an solchen Aktionen interessiert. Sie versucht viel mehr, ihre Strukturen wieder aufzubauen, sich neu zu formieren nach den Schlägen der vergangenen Jahre."

Nur Gerüchte

Die amerikanische Forscherin, die selbst oft bedroht wurde von der Terrorgruppe, ist eher der Ansicht, dass Dschihadisten um Noordin Mohammed Top, einem der meistgesuchten Terroristen der Region, verantwortlich sein könnten: "In den vergangenen Tagen hatte die Polizei ihre Suche nach Noordin Top stark intensiviert. Sie hatte offenbar einen Hinweis erhalten auf dessen möglichen Aufenthaltsort."

Mit diesen Anschlägen, so vermutet Sidney Jones, hat Noordin womöglich seine Stärke und seine Ambitionen demonstrieren wollen. Der 40-jährige Malaysier gehörte lange dem Führungsteam von JI an. Er soll viel Geld gesammelt und viele Leute rekrutiert haben für die Gruppe, galt aber dennoch immer gleichzeitig als unabhängiger und gefährlicher Marodeur in der südostasiatischen Terroristenszene. Alle Regierungen der Region suchen nach ihm, das FBI führt ihn sehr weit oben auf seiner Wanted-Liste. Die indonesische Polizei war vor einigen Jahren einmal nahe daran, ihn zu fassen, verpasste ihn aber angeblich nur um Stunden. Seit einiger Zeit kursiert nun die These, wonach Noordin seine eigene Organisation aufbaue.

Konkrete Indizien dafür gab es bisher keine, nur Gerüchte. Und diese gingen in der allgemeinen Freude über die Erfolge im Kampf gegen JI unter.

© SZ vom 18.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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