1000 Anschläge:Giftiger Alltag

Die Veralltäglichung des Verbrecherischen.

Von Heribert Prantl

Ist das der "Extremismus der Mitte", über den Politologen und Soziologen seit Jahren diskutieren? Es gibt in Deutschland offenbar so etwas wie eine Veralltäglichung des Verbrecherischen, wenn es gegen Flüchtlinge geht. Nach den vorliegenden Zahlen werden im Schnitt jeden Tag fast drei Anschläge auf Flüchtlingsheime verübt. Nun der Handgranatenanschlag auf ein Flüchtlingsheim im Schwarzwald. All das ist eine furchtbare Mahnung, den Streit über Flüchtlinge zu entgiften.

Die Angriffe auf die Asylunterkünfte seien nicht überregional gesteuert, sagen die Kriminalisten. Die Angriffe kämen, sagen sie, überwiegend aus der Nachbarschaft dieser Unterkünfte, aus der Bürgerschaft. Es handele sich oft um Täter, die bisher nicht rechtsextremistisch aufgefallen seien. Es gibt abenteuerlich viele solcher Angriffe: Sie haben sich 2015 verfünffacht. Viel zu wenige dieser Verbrechen wurden aufgeklärt. Viel zu viele der Täter können sich ungestraft sagen, dass sie ja nur ein Zeichen hätten setzen wollen - ein Zeichen dafür, dass der Staat den Flüchtlingszahlen Einhalt gebieten müsse. Offenbar reklamieren die Täter für sich so eine Art Notwehr, einen übergesetzlichen Notstand. Das ist hochgefährlich.

Der abstoßende Streit in der Union trägt dazu bei, dass die Aggressivität immer weiter steigt. Diese Aggressivität hat die Grenzen zur Kriminalität gesprengt. CDU und CSU haben die Pflicht, zum inneren Frieden zu finden.

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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