Anfänger im Bundestag (4):Der Kunde hat die Wahl

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Die FDP-Abgeordnete Marina Schuster wollte erst Kommissarin werden.

Sven Böll

Für schnelle Karrieren ist die FDP eine gute Adresse. Klaus Kinkel besaß das blau-gelbe Parteibuch gerade mal zweieinhalb Jahre, als die Liberalen ihn zu ihrem Vorsitzenden wählten. Ganz so fix wie beim ehemaligen Außenminister ist die Karriere von Marina Schuster nicht verlaufen: Acht Jahre, nachdem sie in die FDP eingetreten ist, hat sie den Sprung in den Bundestag geschafft - als zweitjüngste Frau in der FDP-Fraktion.

Marina Schuster (Foto: Foto: Marina Schuster)

1997 beschloss Marina Schuster, politisch aktiv zu werden. "Ich konnte nicht länger zu Hause auf dem Sofa liegen und mir die Probleme nur im Fernsehen anschauen", sagt sie. Neben den Grundlagen der BWL studierte sie deshalb die Programme der etablierten Parteien. Die größte Schnittmenge mit ihren Überzeugungen fand sie bei der FDP. "Wirtschaftspolitik, Bildung und Bürgerrechte sind für mich auch heute noch die entscheidenden Themen", sagt die 30-Jährige.

Deshalb hofft sie für die kommenden vier Jahre auf einen Platz in einem entsprechendem Ausschuss - am liebsten in dem für Bildung. "Da liegt vieles im Argen." Zahlreiche Defizite - etwa bei einheitlichen Qualitätsstandards - hat sie selbst während der Schulzeit und der Studienjahre aufgespürt.

Bodenhaftung ist wichtig

Als Jugendliche wollte Marina Schuster das Aufspüren eigentlich zu ihrem Beruf machen und Kommissarin werden. So wie Gaby, die gemeinsam mit ihren Freunden Tim, Karl und Klößchen in der Kinderkrimi-Serie TKKG knifflige Fälle löst. "Als ich merkte, dass die Arbeit meiner Serienhelden mit dem wirklichen Beruf des Kommissars nicht viel gemein hatte, bin ich pragmatischer geworden."

Wegen der vielseitigen Berufsperspektiven schrieb sie sich an der Universität Regensburg für Betriebswirtschaftslehre ein. Neben Englisch, Französisch, Spanisch und Latein lernte sie noch eine fünfte Fremdsprache: Arabisch. "Leider habe ich die seitdem viel zu wenig praktiziert."

Das ist in Greding, 50 Kilometer südlich von Nürnberg, auch schwierig. In der 7000-Seelen-Gemeinde, in der ihre Familie seit Generationen ein Hotel betreibt, lebt die Fränkin noch heute. Das heimatliche Umfeld garantiert ihr das, was ihr sehr wichtig ist: Bodenhaftung. "Die will ich auf jeden Fall auch künftig bewahren."

Damit die Turnier-Tänzerin mit staatlich anerkannter Übungsleiterlizenz in Berlin nicht aus dem Takt kommt, hat sie sich zweierlei vorgenommen. Erstens will sie weiterhin intensiven Kontakt zu den "geerdeten Verwandten und Freunden" pflegen. "Die machen mich darauf aufmerksam, wenn ich mich verändern sollte." Zweitens will sie ihr kommunales Amt, das sie seit mehr als drei Jahren ausübt, beibehalten. "Im Kreistag bekomme ich sofort mit, welche Folgen die Berliner Beschlüsse vor Ort haben."

"In der Politik ist nichts vorhersehbar"

Als jüngste Kreisrätin hat sie sich ein dickes Fell zugelegt - zwangsläufig. "Viele greifen einen frontal an und unterscheiden dabei nicht zwischen Person und Inhalt." Durchsetzungsvermögen hält Marina Schuster für eine der wichtigsten Fähigkeiten von Politikern. Sie selbst will dazu beitragen, dass sich häufiger die beste Lösung durchsetzt und nicht nur die mehrheitsfähige.

Die lokale Verankerung im Altmühltal soll ihr auch helfen, den Kontakt zu den Wählern nicht zu verlieren. "Das sind schließlich meine Kunden." Apropos Kunden: Schuster schließt in diesem Jahr ihre Promotion über das Management von Kundenbeziehungen ab. Ohne den Karrieresprung in die Bundeshauptstadt wäre die Hobby-Taucherin wieder in die Wirtschaft gegangen: "Ein Jobangebot hatte ich bereits."

Wie schon im Jahr 2000, als sie nach dem Studium unter mehreren Offerten auswählen konnte. Damals entschied sie sich für eine Unternehmensberatung, folgte aber nach einem halben Jahr dem Ruf zurück an die Uni. Dass sie sich um eine Karriere ohne Parteibuch keine Sorgen machen muss, gibt ihr Sicherheit. "In der Politik ist nichts vorhersehbar." Niemand wisse, wo die Wähler bei der nächsten Wahl ihr Kreuz machten.

Es kommt aber nicht nur darauf an, wie die Wähler entscheiden. Mindestens genauso wichtig ist es, wie die Partei sich verhält. Denn die FDP ist für schnelle Karrieren nicht nur eine gute, sondern auch eine gefährliche Adresse: Klaus Kinkel war sein Amt als Vorsitzender nach zwei Jahren wieder los.

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