Analyse:Belgrad löst seine Bringschuld ein

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Jugoslawien erfüllt mit der Auslieferung Milosevics die Bedingung für internationale Finanzhilfe.

Bernhard Küppers

Der Geberkonferenz für Jugoslawien kann Belgrad mit positiven Erwartungen entgegensehen. Selbst, nachdem es zunächst Unstimmigkeiten über die Auslieferung des früheren jugoslawischen Machthabers Slobodan Milosevic an das Haager Kriegsverbrechertribunal gegeben hatte, war die Aussicht auf finanzielle Unterstützung nicht schlecht.

Mit der Auslieferung Milosevics, die der Belgrader Sender B92 am gestrigen Abend gemeldet hatte, wird allerdings wohl niemand mehr Belgrad die Finanzhilfe verwehren.

Vier Milliarden Dollar nötig

1,25 Milliarden Dollar sollen auf der Konferenz bewilligt werden. Nach Einschätzung der Weltbank braucht Jugoslawien für eine wirtschaftliche Erholung in den nächsten vier Jahren mindestens vier Milliarden Dollar Kapitalhilfe.

Die Amerikaner hatten erst vor wenigen Tagen ihre Teilnahme an der am heutigen Freitag beginnenden Geberkonferenz in Brüssel zugesagt, und sie machten klar, dass Verpflichtungen von Geberländern und internationalen Finanzinstitutionen weiterhin an politische und wirtschaftliche Bedingungen geknüpft sein würden.

So wie Washington die Freigabe von amerikanischen und internationalen Hilfsgeldern mit der Inhaftierung Milosevics am 1. April verknüpft hatte, machten die USA auch ihre Teilnahme an der Geberkonferenz von Fortschritten bei der Zusammenarbeit der neuen Belgrader Regierung mit dem Haager Tribunal abhängig.

Zunächst sah es allerdings nicht nach großen Fortschritten aus. In den Tagen vor der Konferenz kam statt des vom jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica für nötig erklärten Gesetzes zur Regelung von Auslieferungen nur ein umstrittenes Dekret zu Stande.

"US-Hilfe an weitere Schritte Jugoslawiens geknüpft"

US-Außenminister Colin Powell sagte dennoch zu, nachdem ihm der serbische Regierungschef Zoran Djindjic volle Zusammenarbeit mit Den Haag samt Auslieferungen versichert hatte. "Die Auszahlung von auf der Konferenz zugesagter US-Hilfe wird jedoch an weitere Schritte Jugoslawiens geknüpft sein, voll mit dem Tribunal zusammenzuarbeiten", sagte US- Außenamtssprecher Philip Reeker.

Nach Angaben aus dem US-Kongress handelt es sich bei der US-Finanzhilfe allerdings zunächst auch nur um eine Summe zwischen 100 und 155 Millionen Dollar.

Belgrader Delegationsleiter ist der jugoslawische Vize-Premier Miroljub Labus, ein Vertrauter Djindjics, der immer wieder auf eine Auslieferung Milosevics gedrängt hatte.

Zur Delegation gehören außerdem für Serbien Außenwirtschaftsminister Goran Pitic und für Montenegro Finanzminister Miroslav Ivanisevic. Zwei Tage vor der Konferenz gelang der Regierung Serbiens mit der Verabschiedung ihres Privatisierungsgesetzes ein erster substanzieller Reformschritt.

Gute Note für Reformprogramm

Das Gesetz sieht innerhalb der nächsten vier Jahre die Privatisierung von Unternehmen im staatlichen und so genannten gesellschaftlichen Eigentum durch Ausschreibungen und Auktionen vor.

Der IWF gab dem Reformprogramm eine gute Note. Der Zustand der unter Milosevic verwahrlosten Wirtschaft Jugoslawiens ist aber bei Auslandsschulden von mehr als zehn Milliarden Dollar und einer Arbeitslosigkeit von bis zu 50 Prozent dramatisch.

Belgrad hofft, dass ihm in Verhandlungen mit dem Pariser und Londoner Club staatlicher und privater Gläubiger zwei Drittel der Schulden erlassen werden.

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