Amerika-Gipfel:Historischer Händedruck nach 60 Jahren

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"Der Kalte Krieg ist vorüber" - auch in der Karibik. US-Präsident Obama und Kubas Staatschef Castro stellen das unter Beweis.

Von Sebastian Schoepp, München

Der Händedruck und das einstündige Treffen zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem kubanischen Kollegen Raúl Castro am Wochenende hat die historische Wende in den Beziehungen beider Länder mit neuem Schwung versehen. Ihr Treffen beim Amerika-Gipfel in Panama war das erste offizielle zwischen einem kubanischen Staatschef und einem US-Präsidenten in 60 Jahren. Beide taten alles für die gute Stimmung: Obama sei ein "ehrlicher Mann", sagte Castro. Obama würdigte die "offene und ergiebige Unterhaltung" mit Castro. Der "Kalte Krieg ist vorbei", sagte Obama.

Dieser hatte in der Karibik 1961 begonnen, als Kuba die Annäherung an die Sowjetunion suchte, nachdem Washington Fidel Castros Revolutionären die kalte Schulter gezeigt hatte. 1962 wurde Kuba auf Betreiben der USA aus der Organisation Amerikanischer Staaten ausgeschlossen. Die Teilnahme Raúl Castros am OAS-Treffen in Panama war nun die Rückkehr, sie gipfelte in einer Zusammenkunft mit Obama an einem kleinen Tischchen und einem Gespräch, das von beiden als überaus offen und ehrlich gepriesen wurde.

Auch bei ihren Reden vor den Gipfelteilnehmern schlugen die Präsidenten Töne an, wie man sie im Verhältnis zwischen den USA und Kuba noch nie gehört hat. Obama sagte: "Nach 50 Jahren gescheiterter Politik ist es nun an der Zeit, etwas Neues auszuprobieren." Dass diese Politik nicht nur gegenüber Kuba, sondern gegenüber ganz Lateinamerika problematisch war, gestand er ebenfalls ein: "Die USA stehen bei Lateinamerika in der Schuld." Bei einer Pressekonferenz ging Obama so weit, die humanitären Einsätze Kubas gegen die Ebola-Epidemie in Afrika und nach dem Erdbeben in Haiti zu loben.

Castro begann seine Ausführungen weniger freundlich. Er ließ all die Grausamkeiten Revue passieren, die sein Land seiner Meinung nach durch die USA erlitten habe. Dann jedoch ließ er das Redemanuskript beiseite und entschuldigte sich für seine Emotionalität: "Zehn US-Präsidenten stehen in unserer Schuld, jedoch nicht Präsident Obama", sagte er. Es sei nun Zeit, die Beziehungen auf der Basis einer "zivilisierten Koexistenz" zu gestalten.

Diese auszuhandeln, ist Aufgabe von Delegationen, die sich seit Dezember treffen, um über Handels- und Reiseerleichterungen und diplomatischen Austausch zu sprechen. Doch die Differenzen sind gewaltig, und Obama wiederholte, woran es hängt. Er habe Castro deutlich gemacht, "dass wir nicht aufhören werden, über Themen wie Demokratie, Menschenrechte sowie die Versammlungs- und Pressefreiheit zu sprechen", sagte er - nicht zuletzt mit Blick auf das sehr kritische Publikum aus Republikanern und Exil-Kubanern zu Hause. Der republikanische Senator Ted Cruz warf Obama vor, sich "einem kommunistischen Diktator in unserer Hemisphäre" zu beugen.

Noch ein Problem wartet: Venezuela. Kuba hält dem Ölland unverbrüchliche Treue, Obama hat es mit Sanktionen belegt. Auch hier tat Obama einen ersten Schritt. Er traf Staatschef Nicolás Maduro - zwar kurz, aber lang genug, um ihm zu versichern, er wolle Venezuela nicht bedrohen, sondern helfen.

© SZ vom 13.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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