Ahmadinedschads Italienreise:Ungebetener Gast am Heiligen Stuhl

Lesezeit: 3 min

Irans Präsident will unbedingt Papst Benedikt treffen und bringt damit die Vatikan-Diplomaten in eine Bredouille. Das weltliche Rom hat sich schon deutlich positioniert: Premier Berlusconi will Ahmadinedschad nicht treffen.

Stefan Ulrich, Rom

In diesen Tagen können die Diplomaten des Papstes wieder beweisen, dass sie zu den besten der Welt gehören. Denn an die Pforte des Petrus-Nachfolgers klopft eine unheimliche Gestalt. In der rechtsliberalen Tageszeitung Libero wird sie als "Teufel" umschrieben. Das linksintellektuelle Blatt Il Riformista startete sogar eine Unterschriften-Kampagne gegen den ungebetenen Gast, der Israel von der Landkarte tilgen will, den Holocaust leugnet und womöglich heimlich an einer Atombombe bastelt.

Irans Präsident Ahmadinedschad reist kommende Woche nach Rom - und löst mit seinen Wünschen wenig Freude aus. (Foto: Foto: dpa)

Mahmud Ahmadinedschad, der Präsident Irans, hat sich dennoch für kommende Woche in Rom angekündigt. Er möchte am Gipfeltreffen der Welternährungs-Organisation FAO teilnehmen und damit zum ersten Mal in eine westliche Hauptstadt reisen. Und er will Benedikt XVI. treffen. Daher wies er seine Botschaft an, beim Heiligen Stuhl hartnäckig auf eine Begegnung zu drängen. Nun müssen der Pontifex und seine Diplomaten eine passende Antwort darauf finden.

"Der iranische Präsident möchte Seiner Heiligkeit seine Ideen und die Haltung seiner Regierung zu den wichtigsten aktuellen Themen der Weltpolitik darlegen", werden in Rom iranische Diplomatenkreise zitiert.

Außerdem wäre es für den im Westen verrufenen Ahmadinedschad natürlich ein Imageerfolg, wenn er Seite an Seite mit Benedikt abgelichtet würde. So könnte er jenen westlichen Politikern, die den Iraner isolieren wollen, eine Nase drehen.

Eigentlich sind die Päpste ja dafür bekannt, sich weltpolitisch vermittelnd bis neutral zu verhalten und, wenn es sein muss, sogar mit Diktatoren zu sprechen. Johannes Paul II. traf sich mit Augusto Pinochet wie mit Fidel Castro, und er suchte zu Saddam Hussein auch dann noch Kontakt, als die US-Bomber schon startbereit waren.

Vatikan hat gute diplomatische Beziehungen zum Iran

Mit Iran verbinden den Kirchenstaat zudem seit Jahrzehnten recht ordentliche diplomatische Beziehungen. Benedikt traf vergangenes Jahr den früheren Präsidenten Mohammed Chatami. Auch Außenminister Manutscher Mottaki hat er schon Audienz gewährt.

Vor einem Monat empfing er dann eine Gruppe iranischer Theologen, die zum interreligiösen Dialog im Vatikan weilten. Zudem muss der Papst an die Lage der Christen im Nahen Osten denken. Der Einfluss Ahmadinedschads in der Region, etwa im Libanon und im Irak, ist groß. All das spricht dagegen, den Mann aus Teheran zu brüskieren.

Andererseits gilt Ahmadinedschad als Gefahr für den Weltfrieden. Die Vereinten Nationen erließen Sanktionen gegen sein Land. Zudem ist er ein Todfeind Israels, was kein Papst außer Acht lassen darf.

Eine Lösung bietet sich an: Benedikt könnte argumentieren, sein diplomatisch ebenbürtiger Gesprächspartner in Iran sei dessen geistlicher Führer Ayatollah Ali Khamenei. Präsident Ahmadinedschad ist demgegenüber schlicht der Regierungschef, und als solchen könnte ihn der Vatikan auf ein Treffen mit Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone verweisen. Eine andere Möglichkeit wäre es, dass Benedikt den zum FAO-Gipfel anreisenden Staatsoberhäuptern eine Sammel-Audienz gewährt, an der auch der Iraner teilnehmen könnte.

Berlusconi lehnt Treffen mit Ahmadinedschad ab

Das weltliche Rom hat sich dagegen bereits deutlich positioniert: Premier Silvio Berlusconi wird sich nicht mit Ahmadinedschad treffen. Zur Begründung griff das Außenministerium auf eine Standardausrede zurück: Terminschwierigkeiten.

Außenminister Franco Frattini sagte nach einem Treffen mit dem iranischen Botschafter, die Agenda lasse kein bilaterales Treffen zu. Anders als der frühere linke Premier Romano Prodi, der Ahmadinedschad einmal in New York sprach, möchte sich Berlusconi im Atomstreit mit Iran voll auf der Seite der USA positionieren.

Er setzt auf Härte und hofft, dass Italien in die Staatengruppe aufrückt, die die Verhandlungen mit Teheran führt. Hierzu gehören bislang die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sowie Deutschland. Für Berlusconi ist es eine Frage der Ehre, mit Berlin gleichzuziehen. Hierzu baut er auf Hilfe aus Washington.

Wichtiger Handelspartner Iran

Andererseits möchte auch die Berlusconi-Regierung den iranischen Präsidenten nicht verprellen. Schließlich pflegt Rom mit seiner zentralen Lage im Mittelmeer traditionell gute Beziehungen zur islamischen Welt. Italien ist im Libanon militärisch aktiv, wo Iran über die Hisbollah-Organisation kräftig mitmischt.

Außerdem ist Italien nach Deutschland zweitwichtigster EU-Handelspartner Irans. Die italienische Regierung wird also versuchen, Ahmadinedschad irgendetwas zu bieten. Ein Händeschütteln mit Berlusconi im Rahmen der FAO-Veranstaltung käme etwa in Frage. Am einfachsten für alle Diplomaten wäre jedoch eine andere Entwicklung. Die Agentur Adnkronos zitiert einen italienischen Regierungsvertreter mit den Worten, die beste Lösung sei es, wenn Ahmadinedschad doch noch darauf verzichtet, nach Rom zu kommen.

© SZ vom 29.05.2008/mb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: