Afghanistan:Vier Tote bei Angriff auf ISAF-Lager

Lesezeit: 2 min

Der gewaltsame Protest gegen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen hat am zweiten Tag in Folge zu tödlichen Zwischenfällen geführt. Bei dem Angriff wütender Demonstranten auf ein Lager der Afghanistan-Schutztruppe ISAF sind vier Menschen getötet worden.

Aus Wut über die Karikaturen des Propheten Mohammed in westlichen Medien hatten etwa 300 Menschen am frühen Morgen das norwegische ISAF-Camp in Mainama angegriffen, Steine geworfen und Material in Brand gesetzt. Die ISAF-Soldaten setzten Tränengas ein und feuerten Gummigeschosse ab.

Demonstranten in Kabul bewerfen ein Fahrzeug der deutschen Botschaft mit Steinen. (Foto: Foto: AP)

Dabei starben vier Menschen, mindestens 15 weitere Demonstranten wurden nach Angaben des örtlichen Krankenhauses verletzt.

Auf Seiten der ISAF-Truppe wurden nach Angaben des norwegischen Generalstabs fünf norwegische und zwei finnische Soldaten durch Steinwürfe und Granatsplitter leicht verletzt.

Kampfjets gegen die Protestierer

Das Truppen-Kommando forderte F-16-Kampfflugzeuge an, die Warnschüsse abgaben. Eine schnelle Eingreiftruppe der ISAF mit fünf Hubschraubern und britischen Soldaten wurde zur Verstärkung nach Mainama verlegt.

Die Vereinten Nationen kündigten den Abzug von Mitarbeitern aus Mainama an. Die Lage sei äußerst gespannt, sagte ein Sprecher der UN-Mission für Afghanistan.

Bereits am Montag waren in Afghanistan und Somalia bei Protesten gegen die Karikaturen fünf Menschen ums Leben gekommen.

Vor der dänischen Vertretung in der Hauptstadt Kabul ging die Polizei am Dienstag mit dem Schlagstock gegen Demonstranten vor. Auch dort warf die Menge mit Steinen.

Proteste gab es auch vor dem Büro der Weltbank. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AP sah, wie mehrere Teilnehmer festgenommen wurden.

"Wie einen Terroristen bestrafen"

An der bisher größten pakistanischen Demonstration seit Beginn des Karikaturen-Streits nahmen am Dienstag etwa 5000 Menschen teil. Die aufgebrachte Menschenmenge in Peschawar an der Grenze zu Afghanistan verbrannte Puppen, die den dänischen Regierungschef und einen der dänischen Karikaturisten darstellen sollten.

Angeführt wurde die Kundgebung von dem Chefminister der Provinz, Akram Durrani. "Wer auch immer die Karikaturen gemacht hat, sollte wie ein Terrorist bestraft werden", forderte Durrani.

Tschetschenien erließ ein Einreiseverbot für Dänen. Dänische Gruppen werde die abtrünnige russische Republik nicht länger bei sich aufnehmen, sagte Regierungschef Ramsan Kadirow im Fernsehsender NTV. "Wir werden sie nicht mehr reinlassen, weil sie mit den Gefühlen von 1,5 Milliarden Menschen spielen." Im Übrigen sei Dänemark "schon immer ein Provokateur gewesen".

Merkel telefoniert mit dänischem Ministerpräsidenten

Die iranische Regierung hatte am Montag den sofortigen Abbruch aller Handelsbeziehungen mit Dänemark angeordnet.

Wie der dänische Rundfunk in Kopenhagen berichtete, wurde der Schritt als "Vergeltung" für die Veröffentlichung der Karikaturen in Dänemarks größter Zeitung Jyllands-Posten begründet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel rief erneut zu Gewaltverzicht und Dialog auf. "Gewalt kann kein Mittel der Auseinandersetzung sein", sagte Merkel in Berlin. In einem Telefongespräch mit dem dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen drückte sie ihre Besorgnis über die anti-dänischen Ausschreitungen in der islamischen Welt aus.

Die Krawalle seien bei allem Verständnis für die verletzten Gefühle der Muslime "inakzeptabel". Das Auswärtige Amt forderte Deutsche auf, sich von Menschenansammlungen in Syrien und Libanon fern zuhalten.

© sueddeutsche.de/dpa/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: