Afghanistan:Bleiben, bis es sicher ist

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Ein Ende ist nicht in Sicht: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hält eine Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes für unausweichlich. Gleichzeitig übt sie harsche Kritik an der militärischen Führung vor Ort.

Ein Ende des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan ist nach Angaben von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nicht absehbar. Wegen der angespannten Sicherheitslage "müssen wir mit großer Geduld den Afghanen helfen. Wir dürfen nicht in Wochen oder Monaten denken", sagte die Ministerin der Bild am Sonntag. Die Verbündeten sollten erst dann abziehen, wenn es die Sicherheitslage wirklich erlaube. "Wann das genau sein wird, kann heute niemand voraussehen", sagte von der Leyen.

Nach der Entscheidung der USA für einen längeren Einsatz in Afghanistan zeichnet sich auch eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes dort ab. US-Präsident Barack Obama hatte am Donnerstag angekündigt, dass die Zahl der noch in Afghanistan stationierten 9800 Soldaten auch im kommenden Jahr beibehalten werde. Dies sei "ein starkes Signal an die verunsicherte afghanische Bevölkerung", sagte von der Leyen. Sie kündigte eine Konferenz mit den Partnerländern in Berlin an, um das Vorgehen für 2016 abzustimmen. Ihr Ziel sei es, mit den Verbündeten den Standort Masar-i-Scharif aufrechtzuerhalten.

Eine in Kabul entführte Deutsche ist nach fast zwei Monaten wieder frei

Im Zusammenhang mit der vorübergehenden Einnahme von Kundus durch die radikal-islamischen Taliban erhob von der Leyen Vorwürfe gegen die afghanische Militärführung. "Als die Taliban Kundus überrannt haben, war die erste, zweite und dritte Führungsebene nicht da", sagte die CDU-Politikerin am Samstag auf dem Deutschlandtag der Jungen Union. Im September hätten die Verantwortlichen das muslimische Opferfest gefeiert oder seien im Ausland gewesen. "Das zeigt ein Versagen von militärischer Führung, wenn man in einer so kritischen Region keinerlei Führungsebene mehr da hat, die der Truppe sagen kann, wie sie sich zu verhalten hat."

Eine in Afghanistan entführte deutsche Entwicklungshelferin ist inzwischen wieder frei. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich am Rande seines Besuchs in Teheran am Samstag "sehr erleichtert, dass die Deutsche wieder auf freiem Fuß ist und es ihr den Umständen entsprechend gut geht", wie es in einer Erklärung des Auswärtigen Amts in Berlin hieß. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), ihr Arbeitgeber, äußerte sich "erleichtert".

Die Frau war am 17. August in einem Innenstadtviertel von Kabul entführt worden, in dem viele ausländische Hilfsorganisationen ihren Sitz haben. Die Deutsche wurde demnach am Morgen mitten in der afghanischen Hauptstadt aus ihrem Auto heraus verschleppt und von bewaffneten Männern weggezerrt.

Die Entführung war bereits die zweite eines GIZ-Mitarbeiters in Afghanistan binnen weniger Monate. Im April war ein Mann in der nordafghanischen Provinz Kundus entführt worden. Er wurde später nach afghanischen Angaben von Sicherheitskräften befreit. Der GIZ zufolge sind in Afghanistan derzeit 180 deutsche und internationale und 1600 afghanische Mitarbeiter für die Entwicklung des Landes im Einsatz. Der von der Nato geführte Kampfeinsatz war Ende 2014 nach 13 Jahren zu Ende gegangen. Die Folgemission "Resolute Support" legt den Schwerpunkt auf die Ausbildung und Beratung der afghanischen Armee und Polizei, die für die Sicherheit im Land nun selbst verantwortlich sind.

© SZ vom 19.10.2015 / Reuters, DPA - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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