Affäre um New Yorker Gouverneur:Scheinheilige Saubermänner

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Der demokratische Gouverneur von New York, Eliot Spitzer, ist einer von vielen Politikern, die wegen eines Sex-Skandals zurücktreten mussten. Das Phänomen ist nicht auf das prüde Amerika beschränkt.

Kata Kottra

Eliot Spitzer ist nicht der erste mächtige Mann, der wegen einer Sex-Affäre tief stürzt. In den USA scheint dieser Fall besonders häufig einzutreten - einerseits weil die Moralvorstellungen so rigide sind, andererseits weil besonders viele Politiker versuchen, sich über ihre integre Persönlichkeit und ihr heiles Familienleben in der Öffentlichkeit zu profilieren.

Wo moralischer Rigorismus zuweilen auf Scheinheiligkeit trifft: Kampagne gegen gleichgeschlechtliche Ehen in den USA (Foto: Foto: AP)

Auch der erzkonservative republikanische Senator Larry Craig aus Idaho hatte sich stets als Kämpfer für die öffentliche Moral und gegen die angeblich verlotterten Demokraten präsentiert und die Ausweitung von Schwulenrechten vehement bekämpft. Umso peinlicher war es, als Craig im Juni vergangenen Jahres auf der Herrentoilette des Flughafens von Minneapolis erwischt wurde - auf der Suche nach einem Quickie mit einem Mann. Er trat zwar nicht zurück, gab aber bekannt, bei den Senatswahlen dieses Jahr nicht mehr anzutreten.

Eine noch größere moralische Erschütterung verursachte der Fall des früheren evangelikalen Predigers und Kirchenoberhauptes Ted Arthur Haggard. Die "National Association of Evangelicals", der er drei Jahre lang vorstand, verurteilte Homosexualität und setzte sich gegen die gesetzliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ein. Millionen von Gläubigen hatten auf die Predigten von "Pastor Ted", wie er genannt wurde, gehört.

Im November 2006 trat Ted Arthur Haggard dann von allen Ämtern zurück. Mike Jones, ein männlicher Prostituierter, hatte ihn beschuldigt, ihn seit drei Jahren für sexuelle Dienstleistungen zu bezahlen und in seiner Gegenwart auch oft Drogen konsumiert zu haben. Nach eigener Aussage trat Mike Jones an die Öffentlichkeit, als er von Haggards Engagement gegen gleichgeschlechtliche Ehen erfuhr: "Ich musste seine Scheinheiligkeit enthüllen", so Jones.

In den meisten dieser Fälle scheint es darum zu gehen: um Personen, die besonders erbittert gegen einen bestimmten Laster ins Feld ziehen, um dann gerade bei dieser "Sünde" - legal oder illegal - ertappt zu werden.

Gnade können sie von der amerikanischen Öffentlichkeit in diesem Falle nicht erwarten. Sie müssen sich auf Kübel von Spott und Häme gefasst machen, die sich in Zeitungen, Fernsehshows und zunehmend auch in Blogs und Internet-Filmchen über ihre lasterhaften Häupter ergießen.

An der tiefen Kluft zwischen seinen politischen Aktivitäten und privaten Vorlieben scheiterte auch der republikanische Abgeordnete Mark Foley. Im Repräsentantenhaus kämpfte er gegen Kinderpornographie und sexuellen Missbrauch und setzte unter anderem ein Gesetz durch, das Jugendorganisationen wie den Pfadfindern den Zugriff die Daten von Sexualstraftätern erlaubt. In seiner Freizeit vergnügte er sich hingegen mit anzüglichen Chats mit einem 16-Jährigen, der als Bote im Kongress arbeitete. Als einer dieser Chat-Protokolle an die Öffentlichkeit gelangte, trat Foley zurück.

Für solche Enthüllungen sind manche sogar bereit, sehr viel Geld zu zahlen. So bot Larry Flint, Herausgeber des Herrenmagazins Hustler, während der Clinton-Affäre eine Million Dollar Belohnung für jeden, der ihn mit Beweisen über außereheliche Affären republikanischer Politiker versorgte. Auch Clinton wäre in seiner zweiten Amtszeit über seine Affäre mit White House-Praktikantin Monica Lewinsky beinahe zu Fall gebracht worden. Im Amtsenthebungsverfahren wurde ihm allerdings nicht seine Affäre, sondern Meineid und Strafvereitelung vorgeworfen.

Wer aber glaubt, dass solche Affären nur im prüden Amerika vorkommen, muss sich täuschen. In Deutschland war es vor allem der Fall Michael Friedman, der die Öffentlichkeit lange beschäftigte. Als Fernsehmoderator legte Friedman hohe moralische Maßstäbe an die von ihm interviewten Politiker an.

2003 stellte sich im Zuge polizeilicher Ermittlungen heraus, dass er selber unter dem Decknamen "Paolo Pinkas" die Dienste von ukrainischen Zwangsprostituierten in Anspruch genommen und außerdem Kokain konsumiert hatte. Daraufhin trat Friedman von allen öffentlichen Ämtern zurück.

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