Absturzursache:Ägypten sucht mit U-Boot weiter

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Nachrichten aus den Bordsensoren lösen neue Spekulationen aus: Auf Flug MS804 soll es Rauchalarm und Probleme mit der Enteisung gegeben haben. Das ägyptische Militär zeigt erste Wrackteile.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Ägypten hat am Wochenende die Suche nach den Überresten des abgestürzten Egyptair-Fluges 804 verstärkt. Präsident Abdelfattah al-Sisi sagte, es sei ein Tauchboot in die Absturzregion 290 Kilometer nördlich der Hafenstadt Alexandria entsandt worden, das 3000 Meter Tiefe erreichen könne. Die Suche konzentriert sich derzeit auf große Wrackteile und vor allem die Flugdatenschreiber und die Stimmrekorder, die Kommunikation und Geräusche aus dem Cockpit aufzeichnen. Sie senden auch unter Wasser Peilsignale aus, die es ermöglichen sollen, sie zu lokalisieren.

Das Suchgebiet wurde nach Angaben des Chefs der griechischen Behörde für Fluguntersuchungen, Athanasios Binis, auf etwa 2300 Quadratkilometer eingegrenzt. Ein französisches Kriegsschiff mit spezieller Sonar-Ausrüstung wird an diesem Montag dort erwartet. Das Mittelmeer ist an der Absturzstelle allerdings mehr als 2000 Meter und stellenweise mehr als 3000 Meter tief, sodass die Bergung schwierig und langwierig sein dürfte.

Spekulationen löste eine Serie von Nachrichten des automatisierten Kommunikationssystems ACARS an Bord aus, abgesetzt Minuten bevor der 13 Jahre alte Airbus A-320 mit 66 Menschen an Bord von den Radarschirmen der griechischen Flugsicherung verschwand. Zunächst meldeten Sensoren ein Problem mit der Enteisungsvorrichtung für die beheizten Fenster auf der rechten Cockpitseite, dann sendeten Temperaturfühler zweier Cockpitscheiben Fehlermeldungen. Kurz darauf schlugen Rauchmelder im Waschraum links hinter dem Cockpit und in dem Avionik-Raum unter dem Cockpit Alarm, in dem die Computer zur Flugzeugsteuerung untergebracht sind. Die letzten beiden Meldungen lassen auf den Ausfall des Autopiloten und eines Systems zur Steuerung der Störklappen auf den Flügeln schließen. Allerdings sind diese Systeme mehrfach vorhanden.

Das ägyptische Militär zeigte Wrackteile des abgestürzten Egyptair-Airbusses auf einer offiziellen Facebook-Seite. (Foto: AFP)

Airbus, Hersteller des Flugzeugs, teilte laut dem Branchenmedium Aviation Herald mit, die begrenzte Datenmenge der Meldungen erlaube es nicht, eine Abfolge von Ereignissen zu rekonstruieren, die den Verlust von Flug MS 804 erklären könne. Dazu seien die Aufzeichnungen des Flugdatenschreibers unerlässlich. Die französische Flugunfallbehörde Bureau d'Enquêtes et d'Analyses hatte die Echtheit der übermittelten Nachrichten bestätigt. Das Auslösen der Rauchmelder spreche unter normalen Umständen für einen Brand.

Allerdings sind Flugzeuge weitgehend aus feuerhemmenden Materialien gebaut; die optischen Sensoren der Rauchmelder können durch andere Einflüsse ausgelöst werden, etwa Kondensflüssigkeit, wie sie bei starkem Druckabfall der Kabine in großer Höhe entstehen könne. Daher warnten auch die französische Behörde, es könnten keine Schlüsse auf Ursachen gezogen werden. Eine Überprüfung der 66 Menschen an Bord anhand US-Datenbanken über Terrorverdächtige erbrachte keinen Hinweise. Bis Sonntagabend lag kein Bekennerschreiben vor, das auf einen terroristischen Hintergrund deuten würde. Sowohl Frankreich als auch Ägypten teilten mit, es werde in alle Richtungen ermittelt, keine Theorie werde ausgeschlossen.

Der Sprecher der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Mohammed al-Adnani, rief in einer am Samstagabend im Internet verbreiteten Audio-Botschaft die IS-Anhänger auf, während des am 6. Juni beginnenden islamischen Fastenmonats Ramadan Anschläge im Westen zu begehen, äußerte sich aber nicht zu dem Absturz. Wann die Botschaft aufgenommen worden ist, war nicht klar. Zivilisten sollten nicht verschont werden. Vom 10. Juni bis 10. Juli wird in Frankreich die Fußballeuropameisterschaft ausgetragen; die Regierung hat nach den Attacken vom November 2015 mit 130 Toten den Ausnahmezustand verhängt und für die Zeit der EM verlängert. Der Chef des Inlandsgeheimdienstes DGSI, Patrick Calvar, hatte gewarnt, das Land müsse mit "neuen Formen des Terrors" rechnen.

© SZ vom 23.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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