Abgasaffäre:Razzia bei Volkswagen

Lesezeit: 2 min

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt im VW-Manipulationsskandal gegen mehrere Beschuldigte wegen Betrugsverdachts. Der neue Konzernchef Müller sagt Unterstützung bei der vollständigen Aufklärung der Affäre zu.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat am Donnerstag wegen der Abgasaffäre bei Volkswagen die Konzernzentrale in Wolfsburg und die Wohnungen von VW-Mitarbeitern durchsucht, die in den Fall verwickelt sein sollen. Es wird gegen mehrere VW-Beschäftigte wegen Betrugsverdachts ermittelt. Der vor gut zwei Wochen als Vorstandschef zurückgetretene Martin Winterkorn zählt aber nicht zu den Beschuldigten. Er hat jegliches Fehlverhalten bestritten.

Bei der Razzia waren drei Staatsanwälte und etwa 50 Beamte des Landeskriminalamtes Niedersachsen im Einsatz. Sie suchten nach Unterlagen, die Aufschluss darüber geben, wer bei Volkswagen die Manipulation von Abgas-Tests an Diesel-Fahrzeugen initiiert beziehungsweise ausgeführt hat; oder davon gewusst und nichts dagegen unternommen hat. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt wegen Betrugs von Autokäufern. Sie seien getäuscht worden, da die Fahrzeuge nicht die zugesagten Abgas-Normen erfüllt hätten.

Volkswagen hatte Anfang September zugegeben, mit einer speziellen Software jahrelang die staatlichen Abgas-Tests in den USA manipuliert zu haben, um die dortigen Schadstoffgrenzen einhalten zu können. Diese Technik war weltweit in elf Millionen Fahrzeugen eingebaut worden. Inzwischen gibt es Hinweise darauf, dass VW mit dieser Software auch Abgas-Tests in Europa manipuliert und so die Behörden getäuscht hat. Nach Beginn der Affäre hatte VW selbst Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig erstattet. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Ende September ein Verfahren gegen damals noch "unbekannte Verantwortliche" von Volkswagen ein. Nun haben die Strafverfolger aufgrund ihnen jetzt vorliegender Erkenntnisse mehrere VW-Mitarbeiter als Beschuldigte in die Akten eingetragen.

Volkswagen erklärte am Donnerstag, man habe den Ermittlern eine "umfassende Dokumentensammlung" übergeben. "Wir werden die Staatsanwaltschaft bei der Ermittlung des Sachverhaltes und der verantwortlichen Personen nach besten Kräften unterstützen", hieß es. VW habe selbst ein großes Interesse an einer unverzüglichen und vollständigen Aufklärung. Der neue Konzernchef Matthias Müller versicherte, man werde auf niemanden Rücksicht nehmen und die "Treppe von oben fegen". VW drohen hohe Straf- und Schadenersatzzahlungen vor allem in den USA. Der Konzern steht unter großem Druck und will ein Vorstandsressort Recht und Compliance schaffen, das Gesetzesverstöße künftig verhindern soll. Das sei "der nächste logische Schritt", hieß es aus VW-Kreisen. Gespräche mit Kandidaten für dieses Amt laufen bereits. Das Vorhaben gilt als Signal, dass man es mit der Aufklärung ernst meint. Siemens und Daimler hatten bei großen Schmiergeldfällen genauso reagiert, um die Behörden milde zu stimmen.

Der Chef der US-Tochter von VW, Michael Horn, hat zugegeben, bereits im Frühjahr 2014 von möglichen Problem mit den Abgaswerten gehört zu haben. Horn musste am Donnerstag vor dem US-Parlament aussagen.

© SZ vom 09.10.2015 / ley, ok, thf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: