Untersuchungsausschuss zum Abgas-Skandal:Ein Zeuge belastet, ein anderer absent

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Der VW-Miteigentümer Piëch will nicht vor den Berliner Abgeorndneten aussagen. Derweil wehrt sich Niedersachsens Ministerpräsident Weil gegen dessen Vorwurf, er habe früh von den Manipulationen gewusst.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Wenige Tage nach dem Rundumschlag von Ferdinand Piëch in der VW-Abgasaffäre ist klar: Der frühere Aufsichtsratsvorsitzende und Miteigentümer von Volkswagen will nicht vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen. Er werde auf das "Angebot einer öffentlichen Anhörung" vor dem Gremium "nicht eingehen", ließ Piëch über seinen Rechtsanwalt mitteilen. Piëch ist Österreicher, man kann ihn daher nicht zum Erscheinen zwingen. Anders ist die Sache beim niedersächsischen Ministerpräsidenten. Am kommenden Donnerstag, 16. Februar, ist Stephan Weil vor dem Untersuchungsausschuss als Zeuge geladen. Das war schon länger geplant, denn der SPD-Mann leitet seit 2013 nicht nur die rot-grüne Landesregierung - er sitzt auch im Aufsichtsrat der Volkswagen AG. Das von ihm geführte Bundesland ist mit 20 Prozent der zweitgrößte Anteilseigner von VW, das seinen Hauptsitz in Wolfsburg hat. Bisher war Weil eine Randfigur in dem Skandal um den Autobauer und seine Tricks. Jetzt wird die Begegnung interessanter. Zur Wochenmitte wurde bekannt, dass Ferdinand Piëch gegenwärtige Aufsichtsräte wie Weil beschuldigt hat, früher als bis zuletzt bekannt über Hinweise auf den Abgasbetrug gewusst zu haben. Weil reagierte am Donnerstag sehr verärgert und bezeichnete Piëchs Offensive als Fake News. Er kenne dessen Behauptungen seit einigen Monaten, sie seien "nicht bewiesen und nicht beweisbar". Weil sagte, er habe "im Frühjahr 2015 von keiner Seite Hinweise darauf erhalten, es gebe eine unzulässige Einflussnahme von Volkswagen auf Schadstoffwerte". Davon erfahren habe er erst im September 2015 durch die Aktivitäten des amerikanischen Justizministeriums. Die Staatsanwaltschaft in Braunschweig, bei der Piëch laut Berichten vorstellig geworden war, ermittelt nicht gegen die von ihm beschuldigten Mitglieder des Aufsichtsrates. Heikel bleibt das Thema natürlich trotzdem, ein knappes Jahr vor der niedersächsischen Landtagswahl im Januar 2018. Volkswagen ist traditionell ein Politikum für Niedersachsen, das erfuhren auch Weils Vorgänger David McAllister, Christian Wulff, Sigmar Gabriel und Gerhard Schröder. Die einen gehören zur SPD, die anderen zur CDU, manche dieser Landesfürsten machten nach der Zeit in Hannover groß Karriere. Der unangenehmste Moment der VW-Geschichte erwischt nun den zurückhaltenden Sozialdemokraten Weil, der sich in elf Monaten um die Wiederwahl bewirbt. Die Folgen des Falles VW sind für Niedersachsen in jedem Fall unangenehm, die Abhängigkeit ist groß. Ungefähr 120 000 der 600 000 Beschäftigten des Konzerns arbeiten in den VW-Werken der Region. Die Kosten des Debakels treffen auch Kommunen wie Salzgitter oder Emden. Schon deshalb hätte sich der Linken-Abgeordnete Herbert Behrens, der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, mehr Sorgfalt der politischen Aufseher erwünscht. Behrens kann die Anschuldigungen Piëchs nicht bestätigen, er sagt aber, er habe "immer gezweifelt, was die Unkenntnis der aktiven Beteiligten angeht".

Zieht der Skandal ihn mit in die Tiefe? Ministerpräsident Stephan Weil (rechts) hatte bei VW mitzureden; Martin Winterkorn (links) musste schon gehen. (Foto: Getty Images)

Niedersachsens Opposition wittert ihre Chance. Die Vorwürfe gegen Weil müssten von der Justiz geklärt werden, findet der FDP-Fraktionsvorsitzende Jörg Bode. "Die VW-Krise wird zunehmend zur Landesregierungskrise", so Bode, der von 2009 bis 2013 als Wirtschaftsminister jedoch selbst im VW-Aufsichtsrat gesessen hatte. Der CDU-Landeschef Bernd Althusmann fordert, Weil müsse "seine Salamitaktik beenden und sich endlich öffentlich erklären". Stephan Weil und das Aufsichtsratspräsidium von VW prüfen juristische Konsequenzen wegen Piëchs Attacke.

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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