Künftiger US-Präsident Obama:An die Hebel der Macht

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Während Obamas Anhänger noch den Wahlsieg feiern, macht sich der künftige Präsident an die Arbeit: Heute lässt er sich von den Geheimdienst-Chefs informieren, sein Team übt sich bald in Washington im Regieren - mit Hilfe von George W. Bushs Leuten.

Moritz Koch, New York

Am Tag nach dem Sieg Barack Obamas bei der US-Präsidentschaftswahl geriet die triste Gegenwart in Vergessenheit. Die Kriege und die Krisen wurden ausgeblendet, zumindest für ein paar Stunden. Der neue Absturz der Aktienmärkte? Nur eine Randnotiz in den Nachrichten.

Steht vor schwierigen Aufgaben: Barack Obama, künftiger Präsident der USA (Foto: Foto: AP)

Amerika sprach über die historische Bedeutung des Ereignisse von Dienstagnacht - und Obamas Unterstützer über ihre Freudentränen. "Letzte Nacht habe ich geweint wie ein Baby", gestand die Basketball-Legende Magic Johnson auf CNN.

Auch der frühere Außenminister Colin Powell bemühte sich erst gar nicht, seine Rührung zu verbergen. Sichtlich bewegt beschrieb er in einem Fernsehinterview den Moment, als die Sender Obama zum Wahlsieger und nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten erklärten.

Ins Schwärmen geriet der linke Filmemacher Michael Moore: "Den Moment, als ich mein Kreuz für Obama gemacht habe, werde ich nie vergessen. Er ist der perfekte Mann für uns."

Der so Bewunderte entzog sich derweil in Chicago der Neugier der Nachrichtensender. Nur kurz winkte er auf dem Weg in sein Hotel in die Kameras.

Kein Wunder: Nur noch gut 70 Tage bleiben ihm, ehe er am 20. Januar das mächtigste Amt der Welt übernimmt - wenig Zeit zur Vorbereitung auf große Aufgaben.

Abgeschirmt von der Öffentlichkeit beginnt Obama in Chicago sein Team für die Machtübernahme zusammenzustellen. Nach übereinstimmenden Medienberichten hat er Rahm Emanuel, einem Kongressabgeordneten aus Obamas Wahlheimat Chicago, den Posten des Stabschefs angeboten.

Treffen mit Geheimdienstchefs

Emanuel war ein enger Verbündeter des früheren Präsidenten Bill Clinton. Im Vorwahlkampf zwischen Obama und Hillary Clinton blieb Emanuel lange neutral. Als Kandidat für den Posten als Stabschef war auch Obamas stets gelassener Stratege David Axelrod gehandelt worden, der als Architekt des Wahlsiegs gilt. Nun wird spekuliert, ob Axelrod Chefberater der künftigen Präsidenten wird.

Das Übergangsteam wird von dem früheren Clinton-Mitarbeiter John Podesta, der Obama-Beraterin Valerie Jarrett und Pete Rouse, Obamas Stabschef im Senat, geleitet. Im Team ist auch Susan Rice, die in US-Medien als mögliche nationale Sicherheitsberaterin in einer Regierung Obama gehandelt wird.

Weitere Mitglieder sind die demokratische Gouverneurin von Arizona, Janet Napolitano, der Dekan der kalifornischen Berkeley-Universität, Christopher Edley, sowie Federico Pena, der als Verkehrs-und Energieminister unter dem ehemaligen Präsidenten Bill Clinton gedient hatte.

Während Obama über Personalentscheidungen brütet, lässt er sich zügig in die Weltpolitik einführen. Schon an diesem Donnerstag wird der gewählte Präsident und sein designierter Vize Joe Biden erstmals mit den Chefs der mächtigen Geheimdienste zusammentreffen.

Sie werden dem Staatschef in spe in vertrauliche Fragen der nationalen Sicherheit einweihen, dazu zählt auch die Befehlsgewalt über die Atomwaffen der USA. Außerdem dürfte die aktuelle internationale Lage Thema sein, auch die russische Ankündigung, Raketen in der Exklave Kaliningrad (Königsberg) aufzustellen - ein Thema mit großem Eskalationspotential.

Hilfe bekommt Obama von George W. Bush. Der amtierende Präsident sagte seinem Nachfolger zu, ihn "vollständig über alle wichtigen Entscheidungen zu informieren".

Vorbereitungen des Obama-Teams

Obwohl die alte und die künftige Administration zu unterschiedlichen politischen Lagern zählen, soll der Übergang Hand in Hand gehen. Kooperation ist auch notwendig: Obama und seinem Team steht in den kommenden Wochen ohnehin ein Crash-Kurs in Regierungsführung bevor.

Obamas Leute werden sich in eigenen Büroräumen in Washington vorbereiten, das Weiße Haus stellt dafür 8,5 Millionen Dollar bereit. Obamas Top-Berater werden vom Präsidialamt umfassend geschult, auf dem Programm stehen auch Simulationsübungen zur Reaktion bei Terroranschlägen und Naturkatastrophen.

Trockenübungen alleine reichen allerdings nicht. Die Finanzkrise schwelt unvermindert weiter, Entscheidungsstärke ist mehr denn je vonnöten, denn Bush allein gilt als lame duck, eine "lahme Ente".

Bislang ist allerdings unklar, inwieweit sich Obama mit dem amtierenden Finanzminister Henry Paulson abstimmt und ob er an dem am 15. November beginnenden Weltfinanzgipfel teilnehmen wird, zu dem Bush die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer nach Washington geladen hat.

Vielleicht wird diese Frage im Weißen Haus geklärt: "So bald wie möglich" wolle er den designierten Präsidenten im Weißen Haus empfangen, kündigte Bush schon nach Obamas Wahlsieg an.

Womöglich trifft Obamas Ehefrau schon früher als der künftige Hausherr in 1600 Pennsylvania Avenue ein. Die scheidende First Lady Laura Bush hat Michelle Obama telefonisch eingeladen, die beiden Kinder Sasha und Malia sollen auch mitkommen.

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