40. Todestag von Martin Luther King:Vom Sohn eines Predigers zum Nationalhelden

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Am 4. April 1968 wurde Martin Luther King im Alter von 39 Jahren in Memphis erschossen. Sein Werdegang als gewaltloser Kämpfer gegen die Diskriminierung der Schwarzen in den USA ist beispiellos.

Reymer Klüver

In Memphis war Martin Luther King wegen der Müllarbeiter, der schwarzen Müllarbeiter. Es waren einfache Leute, oft ohne Schulbildung und schlecht bezahlt, und sie wollten nur eins: So behandelt werden wie ihre weißen Kollegen.

Ihr Ausstand passte King, dem Kopf der Bürgerrechtsbewegung in den USA, ins Konzept. Er war gerade dabei, die "Poor People's Campaign" zu organisieren, die Arme-Leute-Kampagne. Mit ihr wollte er auf die unglaubliche Armut in den wohlhabenden Vereinigten Staaten und die Benachteiligung der Schwarzen aufmerksam machen.

Ihr Höhepunkt sollte ein neuer Marsch auf Washington werden, so wie fünf Jahre zuvor, als er ganz Amerika aufgerüttelt hatte mit seiner berühmten Rede am Denkmal für den Sklavenbefreier Lincoln: "I have a Dream". Dazu kam es nicht mehr: Am 4. April 1968 wurde King im Alter von 39 Jahren in Memphis erschossen.

Beispiellos war sein Werdegang. Aus dem Sohn eines Südstaatenpredigers war in wenigen Jahren der unbestrittene Anführer der US-Bürgerrechtler geworden, aus einem jungen Theologen ein Friedensnobelpreisträger und weltweit verehrter Pionier des gewaltlosen Widerstands gegen Unrecht und Diskriminierung.

Begonnen hatte alles 1955 mit dem Boykott der städtischen Omnibusse durch die Schwarzen. Als junger Baptistenpastor führte King den gewaltlosen Widerstand an, der nach mehr als einem Jahr zum Ende der Rassentrennung in den Bussen führte. King erlangte nationale Bekanntheit, gründete 1957 die Southern Christian Leadership Conference, die zum Kristallisationspunkt der Bürgerrechtler wurde.

Öfter zitiert wird nur Lincoln

Sie erreichte ihren Durchbruch 1963 mit dem "Marsch auf Washington". Er erhöhte den Druck so, dass zumindest die offizielle Rassendiskriminierung in den Jahren danach verschwand. 1964 erhielt King dafür den Friedensnobelpreis.

Sein Tod löste tiefe Trauer weltweit und Unruhen in den von Schwarzen bewohnten Innenstädten Amerikas aus. Das Weiße Haus in Washington musste mit 4000 Soldaten und Polizisten geschützt werden. Zu Kings Beerdigung in Atlanta kamen 300.000 Menschen. Noch heute ist er hochverehrt in den USA:

Neben dem ersten Präsidenten der Republik, George Washington, und dem Bürgerkriegspräsidenten Abraham Lincoln ist er der einzige Amerikaner, dem ein nationaler Feiertag gewidmet ist. Nur aus Lincolns Reden wird bei offiziellen Anlässen öfter zitiert. Das Magazin Time führt ihn in der Liste der Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts weit oben.

Doch King hatte zweifellos schon vor dem Attentat an politischem Einfluss verloren.

Der Soziologe Michael Dyson, der in einem Buch die Auswirkungen der Ermordung Kings auf die USA untersucht hat, schreibt sogar: "Sein Märtyrertod hat ihn davor bewahrt, ein Paria im weißen Durchschnittsamerika zu werden."

Martin Luther King bei seiner berühmten Rede am Lincoln Memorial (Foto: Foto: AP)

Tatsächlich hatte King nach seinen größten Erfolgen - den Bürgerrechtsgesetzen 1964 und den Wahlgesetzen 1965, die den Schwarzen (weitgehend) ungehinderten Zugang zu den Urnen verschaffte - zunehmend das weiße demokratische Establishment in den USA irritiert.

Das hatte ihn im Kampf um die Bürgerrechte noch bereitwillig unterstützt. Doch dann hatte er den Kampf wider die Diskriminierung 1966 aus dem Süden in den Norden getragen und mit Aktionen in Chicago auf den dort grassierenden Rassismus aufmerksam gemacht. Er hatte nach langem Zögern seine Stimme gegen den Vietnamkrieg erhoben - und den Zorn der etablierten Medien auf sich gezogen.

Die Washington Post konstatierte, dass King "seiner Sache, seinem Land, seinem Volk" geschadet habe. Time nannte seine Rede ein "Manuskript für Radio Hanoi". Und sein Engagement wider die Armut wurde als Abkehr von seiner eigentlichen Berufung - dem Kampf um die Bürgerrechte - selbst in Teilen der eigenen Bewegung verurteilt.

Plötzlich von gestern

Unter den Schwarzen war sein Einfluss am Schwinden. Die Zeiten riefen nach radikaleren Lösungen. Black Power wurde zum Schlachtruf. Und die bewaffneten Black Panther ernannten sich zur Speerspitze der Bewegung. Dagegen erschien Kings Bestehen auf gewaltlosem Widerstand unglaublich gestrig.

Wie bei eigentlich allen politischen Morden in Amerika rankten sich bald auch um die Ermordung Kings Legenden. War der später zu 99 Jahren Haft verurteilte Todesschütze James Earl Ray, ein vorbestrafter weißer Kleinkrimineller, keine Einzeltäter oder am Ende gar nicht der Mörder? War das FBI, das King jahrelang ausspioniert hatte und auch in Memphis observierte, verwickelt? Gab es eine Verschwörung?

Ray jedenfalls hatte sein anfängliches Geständnis widerrufen und bis zu seinem Tod 1998 die Wiederaufnahme des Verfahrens betrieben. Ein Untersuchungsausschuss des US-Kongresses aber kam zu dem Schluss, dass es keine Anhaltspunkte für eine Konspiration gab. Die 600.000 Blatt Akten der Kommission sind allerdings gesperrt. Noch 20 Jahre.

© SZ vom 03.04.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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