Zwischenfall im AKW Krsko:"Kein ernster Vorfall"

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Weil "nichts Problematisches" vorgefallen sei bei dem Störfall im Atomkraftwerk Krsko, lehnt Slowenien eine Inspektion der Internationalen Atomenergiebehörde ab.

Nach dem Zwischenfall im slowenischen Kernkraftwerk Krsko besteht nach Angaben der Regierung Sloweniens keine Gefahr für Menschen und Umwelt in Europa. "Das war kein Unfall", sagte der slowenische Umweltminister Janez Podobnik beim Treffen der EU-Umweltminister am Donnerstag in Luxemburg. Es sei nur wenig Kühlwasser innerhalb des Reaktors ausgetreten. Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung oder die Umwelt seien nicht nötig.

Kein Zugang: Ein Zaun grenzt das AKW Krsko ein. (Foto: Foto: AP)

"Es war das erste Mal überhaupt, dass wir vom AKW über einen Störfall im primären Kühlsystem des Meilers unterrichtet wurden", sagte Tkavc. Dies sei auch ein international selten eintretendes Problem, deshalb schien die Besorgnis zunächst berechtigt. Als klar gewesen sei, dass das Problem unter Kontrolle sei, sei Ecurie "mündlich über die Entwarnung informiert" worden.

Podobnik vermutet, dass das Atomkraftwerk Krsko schon in Kürze wieder funktionieren kann. "Es ist in den kommenden Tagen nur eine sehr kleine Reparatur nötig", sagte er am Donnerstag am Rande eines EU-Umweltministertreffens in Luxemburg.

Die europaweite Alarmierung hatte am Vorabend Ängste über einen Atomunfall ausgelöst. Diese "vorschnelle Reaktion" seiner Behörde sei durch die Einzigartigkeit des Problems im AKW zu erklären, meinte Tkavc.

Nach dem Störfall im Atomkraftwerk Krsko will die slowenische Regierung deshlab auch keine Experten der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA anfordern. IAEA-Inspekteure würden nicht gebraucht, da der Vorfall nicht so ernst gewesen und die Lage unter Kontrolle sei, teilte die slowenische Vertretung bei der IAEA in Wien am Donnerstag mit.

Der slowenische Innenminister Dragutin Mate sagte am Donnerstag vor dem EU-Innenministertreffen in Luxemburg, nach seinem Kenntnisstand sei "nichts Problematisches" vorgefallen. Slowenien hat derzeit den EU-Ratsvorsitz inne. Die EU-Kommission hatte nach dem Vorfall eine europaweite Warnung ausgegeben.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel sagte, er vertraue darauf, dass die slowenische Regierung die Lage unter Kontrolle habe.

Slowenien hatte nach dem Austritt von Kühlflüssigkeit innerhalb des Kernkraftwerks am Mittwochabend Alarm im EU-Frühwarnsystem für nukleare Zwischenfälle ausgelöst. Der Reaktor wurde heruntergefahren. Es seien nur kleinere Reparaturen nötig, sagte Podobnik.

Österreich machte Slowenien indes schwere Vorwürfe, weil es seinen direkten Nachbarländern zunächst nur eine Übung gemeldet habe. "Das kann nicht sein", sagte der österreichische Umweltminister Josef Pröll. "Es muss unverzüglich geklärt werden, wie es zu diesem Wirrwarr an Informationen kam." Podobnik entschuldigte sich dafür, dass die verantwortliche Behörde zunächst das falsche Formular benutzt habe.

Doch weder Österreich noch andere Länder kreideten den Slowenen an, das EU-Warnsystem Ecurie wegen eines kleineren Vorfalls überhaupt in Gang gesetzt und damit ganz Europa unnötig in Aufregung versetzt zu haben. "Mir ist lieber, jemand löst einen Alarm unnötig aus, als dass man einmal zu wenig alarmiert", sagte Gabriel. Ecurie sei damit zum ersten Mal getestet worden und habe gut funktioniert. Das System ist dazu gedacht, bei Atomunfällen, die grenzüberschreitend wirken können, sofort alle EU-Länder zu informieren. Diese müssen dann Schutzmaßnahmen ergreifen. Die Bundesregierung informierte den Wetterdienst und fuhr das Sicherheitslagezentrum hoch. Österreich veranlasste Strahlenmessungen, doch die Geigerzähler schlugen nicht an.

Die Umweltorganisation Greenpeace warf Bundesumweltminister Gabriel vor, den Zwischenfall in seinen ersten Stellungnahmen heruntergespielt zu haben. In einem Interview der Deutschen Welle sagte Thomas Breuer, Atom-Experte von Greenpeace: "Der Zwischenfall ist überhaupt nicht harmlos. Wenn es zu einem Kühlmittelverlust in einem Reaktor kommt, ist das einer der schlimmsten Unfälle, die in einem Atomkraftwerk passieren können.

Denn der Reaktor muss sowohl im laufenden Betrieb als auch im abgeschalteten Zustand gekühlt werden. Wenn das nicht erfolgt, wird es unweigerlich zu einer Kernschmelze kommen." "Der Atomalarm war aus unserer Sicht gerechtfertigt", fügt er hinzu.

Der energiepolischer Sprecher der Grünen im Bundestag, Hans-Josef Fell, sagte, der Zwischenfall zeige auf kritische Weise, wie unkalkulierbar diese Risikotechnologie selbst in einem Land ist, das gegenwärtig die europäische Ratspräsidentschaft innehat. "Die europaweite Warnmeldung signalisiert Ohnmacht - keine Sicherheit!", erklärte er.

Der Betreiber, die EU-Kommission sowie die slowenischen Behörden müssten die Öffentlichkeit rasch aufklären. Der Zwischenfall vom Mittwochabend zeige, dass die Europäische Union mit ihrem atomfreundlichen Kurs auf einem höchst gefährlichen Weg ist.

Auch der österreichische Umweltminister warnte vor der Renaissance der Kernkraft in Europa im Zuge der Klimaschutzpolitik. Anders als Kohlekraftwerke geben Atomkraftwerke kein klimaschädliches Treibhausgas CO2 ab. Trotzdem sei Kernkraft weder eine nachhaltige noch eine sichere Energiequelle, sagte Pröll. "Es gibt die absolute Sicherheit nicht, es bleibt ein Restrisiko."

In Österreich wurden keine überhöhten Werte von Radioaktivität gemessen, wie Pröll weiter mitteilte. Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht Aufklärungsbedarf. "Man wird sicherlich fragen müssen: Warum habt ihr das gemacht", sagte er in Luxemburg zur Information der EU-Behörden durch Slowenien.

© Reuters/ dpa/ AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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