Zum Tod von Klausjürgen Wussow:Er war nicht Prof. Brinkmann

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Der Schauspieler Klausjürgen Wussow ist tot. Wussow erlangte Berühmtheit als Professor Brinkmann in der Fernsehserie "Die Schwarzwaldklinik". Zuvor aber machte er als Charakterdarsteller Karriere.

Christine Dössel

Als Klausjürgen Wussow seine Karriere begann, war er, das wissen heute nur noch die Eingeweihten, ein renommierter Theaterschauspieler, einer der Besten seines Fachs. So gehörte er von 1964 bis zu seiner TV-Einberufung als Chefarzt der Schwarzwaldklinik zum Ensemble des Wiener Burgtheaters, wo er mit großem Erfolg viele exponierte Rollen spielte.

Wussow, geboren am 30. April 1929 im pommerschen Cammin als Sohn eines Lehrers und Kantors, hatte früh mit der Schauspielerei angefangen. Nachdem er den Zweiten Weltkrieg, in dem sein Vater fiel, in den letzten Wochen noch als junger Soldat hatte mitmachen müssen, zog es ihn als Schüler ins Feld der Kunst.

1948 ging er nach Berlin, um die Schauspielschule des Hebbel-Theaters zu besuchen, da hatte er bereits 14 Rollen hinter sich, vom Schauspiel bis zur Operette. Er erhielt dann auch gleich ein Engagement am Theater am Schiffbauerdamm, dem späteren Berliner Ensemble. Danach folgten Engagements in Düsseldorf, Köln, Zürich und am Residenztheater in München.

Im Theater spielte Klausjürgen Wussow die ganze Palette der großen klassischen Helden. Er war Schillers Don Carlos, der Ferdinand in ,,Kabale und Liebe'', Karl Moor in den ,,Räubern'' und Max Piccolomini im ,,Wallenstein''. Shakespeares Titelhelden Macbeth hat er ebenso imposante Gestalt verliehen wie Brechts Arturo Ui, er war Goethes Faust und auch der Mephisto. Im deutschen Film der 50er und 60er Jahre jedoch sah man den Schauspieler nur im leichten und meist sehr seichten Unterhaltungsfach, für das ihn seine leutselige Art durchaus prädestinierte. In den 70er Jahren machte ihn das Fernsehen in der Titelrolle der ZDF-Serie ,,Kurier der Kaiserin'' erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.

Einschneidende Veränderung in der Schwarzwaldklinik

Damals legte Klausjürgen Wussow noch Wert auf schauspielerische Qualität, weshalb er aus der Serie ,,Sergeant Berry'' (1973) nach zwölf Folgen vorzeitig ausstieg, schwer besorgt um seinen Ruf als Charakterdarsteller. Den Part überließ er deshalb lieber seinem Kollegen Harald Juhnke.

Das Leben des Theaterschauspielers Klausjürgen Wussow änderte sich schlagartig und nachhaltig mit seinem Eintritt als Professor Dr. Brinkmann in die Schwarzwaldklinik, einer der erfolgreichsten deutschen TV-Serien aller Zeiten, ausgestrahlt erstmals im Oktober 1985. Bei Einschaltquoten von mehr als 60 Prozent erreichte die bis 1989 auf 70 Folgen ausgewalzte Weißkittel-Schmonzette in ihren Hochzeiten bis zu 28 Millionen Zuschauer und erhielt damit einen sagenhaften Eintrag ins ,,Guiness-Buch der Rekorde''.

Klausjürgen Wussow wurde Professor Klaus Brinkmann. Und umgekehrt. Die Fernsehzuschauer machten da schon bald keinen Unterschied mehr und vereinnahmten ihren Helden ganz und gar: als Arzt ihres Vertrauens und Gutmenschen der Nation. Anfangs wehrte sich der frisch gebackene Fernsehstar noch dagegen, nannte den Rummel um seine Person ,,einen Irrsinn'' und pochte darauf, auch noch ein ernstzunehmender Schauspieler zu sein.

Wegbereiter der Ärzte-Soap

Am Burgtheater, wo ihn der damalige Intendant Claus Peymann für die Dreharbeiten beurlaubt hatte, spielte Wussow im Dezember 1985 an der Seite von Klaus Maria Brandauer sogar noch den Horatio in der Premiere von Shakespeares ,,Hamlet'' - doch es sollte seine letzte Rolle an dem Haus sein. Peymann erklärte Wussow mit deutlichen Worten zur Fernsehnase - und als solche ,,für die Bühne verloren''. Womit er Recht behalten sollte.

Die Rolle des allzeit patenten Chefarztes - einen ,,Sauerbruch-Verschnitt übelster Sorte'' nannte ihn der Spiegel - ging Klausjürgen Wussow bald nicht nur in Fleisch und Blut über, sie schien ihm regelrecht über den Kopf zu wachsen. Sie brachte ihm in Deutschland zwar eine nie gesehene Popularität, doch richtig glücklich wurde er damit nicht. Sein Buch ,,Mein Leben als Chefarzt Dr. Brinkmann von der Schwarzwaldklinik'' las sich wie eine Autobiographie, und in der Serie ,,Klinik unter Palmen'' zog er sich von 1996 bis 1998 mit Leidenschaft und Begeisterung erneut den Arztkittel über.

So wurde Wussow so etwas wie der Wegbereiter der Ärzte-Soap im deutschen Fernsehen, gewissermaßen der Ur-Doktor. Schwarzwaldklinik-Produzent Wolfgang Rademann würdigte ihn als Legende. Später machte Wussow fast nur noch Schlagzeilen in der Boulevardpresse, dabei ging es vor allem um sein Privatleben. Er war viermal verheiratet und hatte vier Kinder. Zuletzt lebte er - sein Leben war von einer Demenzerkrankung überschattet - in einem Pflegeheim in der Nähe von Berlin. Dort starb der Schauspieler am Dienstag im Alter von 78 Jahren.

© SZ vom 20.06.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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