Zugunglück:Terrorangst in Russland

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Der Anschlag auf den Newski Express ruft schmerzliche Erinnerungen wach. Zivilisten waren in Russland immer wieder Opfer von Terroristen.

Die Terrorangst ist mit dem Bombenanschlag auf den hochmodernen "Newski Express" zwischen Moskau und St. Petersburg nach Russland zurückgekehrt. Zwar ist noch unklar, ob tatsächlich Terroristen mit der selbstgebauten Bombe das Gleisbett bei Nowograd Wiliki per Fernzünder sprengten. Doch das russische Fernsehen erinnerte mit seinen Bildern von Dutzenden Schwerverletzten und den entgleisten Zugwaggons schmerzlich an vergangene Terroranschläge in Russland.

In den vergangenen Jahren haben tschetschenische und ihnen nahestehende Rebellen immer wieder zivile Ziele angegriffen, um wie sie sagen, auf ihre Lage hinzuweisen. Das zeigte auch der Fall einer Tschetschenin, die sich 2004 in einer Moskauer U-Bahn-Station in die Luft sprengte und elf Menschen in den Tod riss. Auch die ermordete Journalistin und Kreml-Kritikerin Anna Politkowskaja hatte wiederholt Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit der russischen Führung in Tschetschenien angeprangert.

In der russischen Öffentlichkeit werden die fast täglichen Meldungen über Tote und viele Verletzte bei Kämpfen in den russischen Teilrepubliken Dagestan, Tschetschenien und Inguschetien hingegen kaum noch wahrgenommen. Im Süden Russlands kämpfen Einheiten der russischen Polizei und der Armee gegen die im Untergrund operierenden Rebellen.

Zahl der Terroranschläge zuletzt gesunken

Nach Kremlangaben haben die in Verbindung mit islamischen Extremisten stehenden Gruppierungen in den vergangenen Jahren deutlich an Einfluss verloren. Die Zahl der Terroranschläge in Russland habe sich im vergangenen Jahr fast halbiert auf 152 im Vergleich zu 257 im Jahr 2005, teilte Sergej Besmin vom Nationalen Anti-Terrorismus-Komitee des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB unlängst mit.

In Tschetschenien sei die Zahl der Terrorakte in dem Zeitraum von 111 auf 74 gesunken, in Dagestan von 77 auf 17. In diesem Jahr hat Russland zudem mehrfach seine Anti-Terror-Gesetze verschärft. Seither dürfen Strafverfolgungsbehörden leichter bei Terrorverdacht Telefone überwachen. Medien, die Terrorstraftaten rechtfertigen, werden härter bestraft als bisher.

In der Millionenstadt Moskau haben sich die Einwohner längst daran gewöhnt, vor jedem Besuch in einem öffentlichen Gebäude - seien es Hochschulen, Museen, Theater oder große Einkaufszentren - durch Sicherheitsschleusen zu gehen. Selbst bei Demonstrationen lassen Teilnehmer geduldig die langwierigen Leibesvisitation der Miliz über sich ergehen.

Sicherheitsvorkehrungen werden verschärft

Der Chef des Inlandsgeheimdienstes (FSB), Nikolai Patruschew, will die Sicherheitsvorkehrungen nach dem Bombenanschlag auf den "Newski-Express" nun weiter verschärfen. Vor allem mit Blick auf die Duma-und Präsidentenwahlen müsse alles gegen eine Destabilisierung des Landes getan werden.

Auch eine erste Spur servierten die Ermittler am Tag nach dem Anschlag: In der Nähe des Tatorts bei Nowgorod Weliki fanden sie Bauteile für einen Sprengsatz. Eine ähnliche Bombe sei in der Nähe von Moskau 2005 auf einem Gleisbett ebenfalls per Fernzündung detoniert. 42 Menschen wurden verletzt, hieß es. Der Zug kam aus der tschetschenischen Hauptstadt Grosny.

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