Wortschatz:Vollholler, der

Nach "Frankschämen" und "situationselastisch" stammt Österreichs Wort des Jahres von SPÖ-Bundeskanzler Kern.

Von Martin Zips

Warum ist das österreichische Wort des Jahres meist viel origineller als das deutsche? In Deutschland hießen die Jahreswörter zuletzt: "Groko", "Lichtgrenze", "Flüchtlinge" und "postfaktisch". In Österreich: "Frankschämen" (wegen des oft als peinlich empfundenen Politikers Frank Stronach), "situationselastisch" (Ausdruck für das Verhalten des Kanzlers, zu bestimmten Terminen nicht mehr erscheinen zu wollen) und "Bundespräsidentenstichwahl-Wiederholungsverschiebung" (nach dem Debakel 2016). Und jetzt steht auch für 2017 das österreichische Wort des Jahres fest: "Vollholler". Mit diesem Begriff soll SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern die populistische Ankündigung seines Herausforderers Sebastian Kurz kommentiert haben, die Fluchtroute übers Mittelmeer schließen zu wollen. Doch was ist ein Vollholler? "Ein ganz großer Blödsinn", erklärt Rudolf Muhr von der Forschungsstelle Österreichisches Deutsch der Universität Graz. "Denn Holler steht für Holunder, dieses nutzlose Unkraut, welches höchstens für Sirup taugt." Seit 1999 kürt Muhr samt einer Fachjury einen eigenen österreichischen Ausdruck des Jahres. Der Grund: "Die Wörter, die eure von der Politik finanzierte Gesellschaft für deutsche Sprache so wählt, sind nicht immer unsere." An diesem Freitag nun wird auch die deutsche Gesellschaft ihr Wort 2017 verkünden. Klar, das könnte "Me Too" werden, "Drittes Geschlecht", "Sondierung" oder "Ehe für alle". Aber wie wär's mit "Fikkefuchs"?

© SZ vom 08.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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