Wohnhausbrand in Ludwigshafen:Tragödie zu Karneval

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Bei dem Brand eines Wohnhauses in Ludwigshafen sind neun Menschen, darunter fünf Kinder, ums Leben gekommen. Ministerpräsident Kurt Beck sicherte den Hinterbliebenen Hilfe zu.

Bei einem der verheerendsten Hausbrände in Deutschland in den vergangenen Jahren sind im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen neun Menschen ums Leben gekommen.

"Das Ganze hätte um Einiges schlimmer ausfallen können", warf ein verzweifelter Verwandter der Ludwigshafener Feuerwehr vor. (Foto: Foto: AP)

Am Katastrophenort hatten sich am Sonntagnachmittag dramatische Szenen abgespielt: Bewohner warfen kleine Kinder in die Tiefe, um sie vor dem Feuer zu retten. Erwachsene stürzten sich aus Fenstern, um der Flammenhölle zu entkommen. Neun Tote, davon fünf Kinder, und 60 Verletzte sind die schreckliche Bilanz der Tragödie.

Auch am Montag zog noch Rauch aus dem komplett zerstörten viergeschossigen Bau in der Ludwigshafener Innenstadt. 20 Menschen wurden zu diesem Zeitpunkt noch im Krankenhaus behandelt, Lebensgefahr bestand bei keinem vom ihnen. Die Brandursache war zunächst noch vollkommen unklar. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sagte, es gebe keinerlei Hinweise auf eine fremdenfeindlichen Anschlag auf das von türkischen Familien bewohnte Haus. Ein aus dem Haus gerettetes Kind will nach Angaben eines Notarztes einen lauten Knall gehört haben.

Das Feuer war kurz nach dem gemeinsamen Ludwigshafen-Mannheimer Fastnachtsumzug ausgebrochen, der unmittelbar an dem Gebäude vorbeiführte. In dem Haus hielten sich zu diesem Zeitpunkt deutlich mehr Menschen auf als dort wohnen, weil sie sich das Karnevalspektakel anschauen wollten. Der Brand hatte sich nach Angaben der Feuerwehr sehr schnell in dem älteren Haus ausgebreitet, vor allem über die hölzerne Treppe.

Auch am Montag konnte das Gebäude zunächst noch nicht vollständig durchsucht werden, weil starke Einsturzgefahr bestand. Wo genau das Feuer ausgebrochen war, blieb zunächst ebenfalls noch offen. Der Brand war am Sonntagnachmittag kurz vor 16.30 Uhr gemeldet worden. Als die Rettungskräfte eintrafen, schlugen meterhohe Flammen aus dem Gebäude, später stürzten große Teile des Daches ein.

Polizisten fingen zwei Kinder auf, die von Bewohnern aus dem dritten Obergeschoss geworfen wurden. Eine Frau zog sich bei dem Sprung aus dem Fenster Verletzungen zu, denen sie später im Krankenhaus erlag. Die Rettungskräfte fanden am Abend und in der Nacht zum Montag acht Leichen in dem Gebäude. Die Kinder waren im Alter von einem bis 16 Jahren. Zu den Toten zählte auch eine schwangere Frau.

Wie durch ein Wunder entkamen zwei weitere Kinder der Flammenhölle. Sie hatten sich in einem Zimmer hinter einer Couch versteckt und konnten eine Stunde nach Ausbruch des Feuers noch gerettet werden. Die meisten Opfer starben nach ersten Erkenntnissen der Behörden an Rauchvergiftungen. Auch Rettungskräfte wurden bei dem Einsatz verletzt.

Der Feuerwehr bot sich bei ihrem Eintreffen eine schwierige Lage, wie ihr Leiter Peter Friedrich sagte. Nur drei, vier Minuten lang hätten die Brandlöscher in das Gebäude eindringen können, ehe es dort zu gefährlich wurde. Im Hausflur abgestellte Gegenstände hätten die Rettungsarbeiten erschwert, sagte Friedrich. Im Erdgeschoss des Hauses befand sich ein Vereinslokal.

Ein verzweifelter Verwandter der betroffenen Familien warf der Feuerwehr bei der Pressekonferenz der Behörden am Montag vor, nicht beherzt genug eingegriffen zu haben. Die Verantwortlichen von Stadt und Feuerwehr wiesen dies zurück. Auch der am Einsatz beteiligte Notarzt Albrecht Reinecke sagte: "Das Ganze hätte um Einiges schlimmer ausfallen können."

Ministerpräsident Beck sicherte den Hinterbliebenen der Opfer die Hilfe des Landes zu. Die Stadt Ludwigshafen richtete ein Spendenkonto ein. Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) zeigte sich vom "größten Brandereignis in der Stadt" seit dem Zweiten Weltkrieg "tief betroffen". Sie sprach von "schrecklichen Bildern", die sich den Rettungskräften geboten hätten.

Der Ludwigshafener Polizeipräsident Wolfgang Fromm sagte: "Diese Bilder wird man so schnell nicht aus dem Kopf bekommen." Angesichts der Brandkatastrophe wurden in Ludwigshafen alle noch geplanten Fastnachtsveranstaltungen abgesagt. Ministerpräsident Beck hatte seinen Besuch beim Rosenmontagszug in Mainz ebenfalls abgesagt.

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