Wie ein Spanier Banken erschüttert:Das Kapital

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Mit faulen Krediten hat ein Spanier Banken um 492.000 Euro erleichtert. Mit dem ergaunerten Geld finanziert er nun eine globalisierungskritische Gratis-Zeitschrift.

Javier Cáceres

"Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?", ließ Bertolt Brecht einst Mackie Messer in der Dreigroschenoper fragen. Doch die Zeiten, sie wandeln sich: In Spanien hat, wie die Zeitung El Mundo berichtet, ein 32jähriger Autonomer über einen Zeitraum von zwei Jahren insgesamt 39 spanische Bankfilialen um 492.000 Euro erleichtert - durch Kredite, die er nun weder zurückzuzahlen will ("Ich habe die beklaut, die uns am meisten beklauen"), noch kann.

Mit der Zeitschrift "Crisi" (Krise) will der Spanier die "neue Form des zivilen Ungehorsams" aufzeigen. (Foto: screenshot: elmundo.es)

Denn: Einen Teil der Mittel, die ihm nach Abzug von Gebühren, Zinsen, Notarkosten und Steuern geblieben waren - insgesamt 360.000 Euro - hat er investiert. In eine Zeitschrift mit dem schönen Namen "Krise. Gratispublikation, um die Wirtschaftsturbulenzen zu überleben". Im Laufe dieser Woche soll sie an 150 Orten in Katalonien, im Nordosten Spaniens, gratis verteilt werden.

Auf 200.000 Exemplare beläuft sich die Auflage des Blattes, das ein einziges Mal erscheinen und gesellschaftliche Alternativen aufzeigen soll. Die "Banken-Totalverweigerung" als "neue Form des zivilen Ungehorsams", wie der Autor die Aktion nennt, soll einerseits das Banksystem entlarven, andererseits Initiativen stützen, die auf die herrschende Systemkrise hinweisen.

Enric D., wie der Mann laut El Mundo heißt, erklärt, er habe drei Jahre lang die Funktionsweise der Banken studiert und habe 2006 begonnen, Kredite für die Renovierung seiner Wohnung oder ein neues Auto zu beantragen. In anderen Fällen habe er Scheinfirmen gegründet, Dokumente gefälscht und nichtexistente Einnahmen vorgegaukelt.

"Mit einem Drucker, einem Kopierapparat, einer Schere und Tesafilm kann man Wunder vollbringen", schrieb er in "Krise". Sicherheiten oder Bürgschaften habe er nicht vorlegen müssen, durch den Rückgriff auf Scheinfirmen sei er dem Schutzsystem der spanischen Banken nicht aufgefallen. Was auch deshalb lustig ist, weil Spaniens Banken großen Wert darauf legen, dass sie - anders als die US-Banken - nie faule Kredite ausgegeben haben.

Enric D. ist nach Diktat seines Geständnisses mit unbekanntem Ziel verreist. Auf Betrug und Insolvenz stehen bis zu sechs Jahre Haft.

© SZ vom 18.09.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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