Volksentscheid um Straßenbenennung in Berlin:Rudi Dutschke trifft Axel Springer

Lesezeit: 1 min

Ein Bürgerentscheid gegen die umstrittene Umbenennung eines Teilstücks der Berliner Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße ist gescheitert. Damit trifft nun an einer Kreuzung die Axel-Springer-Straße auf die Rudi-Dutschke-Straße.

Der Straßenkampf der besonderen Art hatte etwa an Weihnachten 2004 begonnen. Die Tageszeitung taz brachte damals aus Anlass des 25. Todestages von Rudi Dutschke die Idee einer Straßenumbenennung ins Spiel.

Eine Mehrheit ist für die Beibehaltung des neuen Straßennamens, der in aktuellen Stadtplänen bereits verzeichnet ist. (Foto: Foto: dpa)

Im August 2005 stimmte anschließend die Bezirksversammlung Friedrichshain-Kreuzberg dem von PDS und Grünen eingebrachten Antrag für die Rudi-Dutschke-Straße zu. Am Sonntag verlor die CDU nach monatelangem offenem und zum Teil harten Streit ihren Bürgerentscheid gegen die Umbenennung.

Im Grunde hatte sie nur die Mehrheit der Bürger im direkten Einzugsgebiet der betroffenen Straße hinter sich. Dort stimmten mehr als 75 Prozent gegen die Dutschke-Straße.

57,1 Prozent der rund 30.700 Teilnehmer an der Wahl wandten sich jedoch insgesamt gegen die Kritik der CDU und bestätigten damit im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg eine bereits 2005 beschlossene Umbenennung eines Teilstücks der Kochstraße in Rudi- Dutschke-Straße.

Übliche politische Entfremdungen

Der Konflikt hat neben den üblichen politischen Entfremdungen rund 200.000 Euro gekostet, die der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg für den Bürgerentscheid berappen musste.

Mehr als 180.000 Bürger waren aufgerufen worden. Im Stadtbild schafft das Ergebnis allerding noch keine Fakten: Anlieger haben unabhängig vom Bürgerentscheid bereits Klagen gegen die Dutschke- Straße eingereicht. Solange diese anhängig seien, würden auch keine neuen Straßenschilder aufgehängt, sagte Bezirkswahlleiter Heinrich Baasen.

Es ist eine historische Pointe, dass sich in Zukunft die Axel-Springer-Straße und die Rudi-Dutschke-Straße an einer Kreuzung treffen werden. Das an der Kreuzung stehende Hochhaus des Springer- Verlages, wo sich unter anderem die Redaktion der Bild-Zeitung befindet, wird nun teilweise in der Dutschke-Straße liegen.

Schöne Versöhnungsgeste

Der Bild-Zeitung aus dem Hause Springer war in den 60er Jahren von Dutschke und der Studentenbewegung immer wieder "Meinungshetze" vorgeworfen worden, Studenten bekämpften die Zeitung erbittert.

Zeitzeuge Hans-Christian Ströbele (Grüne) sagte am Sonntag bei der live übertragenen Stimmenauszählung im Kreuzberger Rathaus: "Der Springer-Verlag hat derart gegen Dutschke gehetzt, dass schließlich im April 1968 auf Dutschke geschossen wurde und er an den Spätfolgen 1979 gestorben ist."

Dutschke starb am Heiligen Abend im dänischen Aarhus. Mehr als elf Jahre zuvor war er in Berlin auf offener Straße von dem 23jährigen Arbeiter Josef Erwin Bachmann niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt worden.

"Es kann doch keine schönere Versöhnungsgeste geben, der frühere Kampf wird so symbolisch überwunden", meint Marek Dutschke, jüngster Sohn des Studentenführers.

© AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: