Vermisster:Wo ist Liam Colgan?

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Vor zwei Wochen war ein Schotte in Hamburg verschwunden. Nun wird fieberhaft nach ihm gesucht.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Am Freitag ging die Suche nach Liam Colgan weiter, fast zwei Wochen nach dessen Verschwinden. Gegen 13 Uhr versammelte sich eine kleine Gruppe von Helfern in der Hamburger Innenstadt, um neue Spuren aufzunehmen von dem Postbeamten aus Inverness, Schottland, den sein Bruder Eamonn Colgan in den frühen Morgenstunden des 10. Februar zum letzten Mal in der Reeperbahn-Gaststätte Hamborger Veermaster gesehen hatte. Die Familie bat Pressevertreter, bei dieser Suche die Privatsphäre zu beachten. Das ließ sie auf Anfrage via Facebook mitteilen. In der Antwort hieß es allerdings auch: "Wir sind wirklich dankbar für jede Hilfe und wir wollen weiter mit Euch arbeiten. Wir kommen auf Euch zurück." Die Suche hat längst auch etwas Verzweifeltes.

Wo ist Liam Colgan? An dieser Frage kommt man in Hamburg kaum vorbei in diesen Tagen. An vielen Stellen der Hansestadt hängen Suchplakate mit dem freundlichen Gesicht des Schotten und dem Wort "Vermisst" darüber. Colgan, 29, schlank, rothaarig, 1,85 Meter groß, ruhiges Wesen, Musiker, Fußball-Fan von Dundee United, soll ein geselliger Familienmensch sein. Auf ihrer Facebook-Seite "Help find Liam Colgan" nennen seine Angehörigen den Umstand, dass er sich ohne Abschiedsgruß von der Feier entfernte, "ein für ihn komplett untypisches Verhalten". Er und eine ganze Gruppe von Freunden und Verwandten waren im Veermaster im Rahmen des Junggesellen-Abschieds seines Bruders Eamonn. Liam ist Trauzeuge, die Reise nach Hamburg hatte er geplant. Umso mysteriöser wirkt sein Verschwinden.

Liam Colgan war alkoholisiert, als er an jenem Samstag zwischen eins und halb zwei Uhr nachts den Veermaster verließ. Gegen halb drei wurde er in der Nähe der U-Bahnstation Baumwall am Hafen gesehen. Überwachungskameras zeigen ihn vor dem Gebäude des Verlages Gruner & Jahr. Er versucht vergeblich, in das Gebäude hineinzukommen und geht schließlich Richtung Michelwiese, vom Hafen weg. Colgan trägt eine schwarze Jacke, Jeans und einen hellen Kapuzenpullover. Den Strohhut, den er noch im Veermaster auf dem Kopf gehabt haben soll, hat er offensichtlich verloren. Ein Zeuge berichtete, er habe Colgan nach einem Sturz geholfen, die Stufen zum Gruner & Jahr-Gebäude hinaufzukommen. Später sei Colgan Richtung Portugiesenviertel verschwunden.

Die BBC berichtet, dass das verschwommene Video einer Überwachungskamera an der St. Michaelis-Kirche von 3:10 Uhr eine Gestalt zeigt, die Colgan sein könnte. Vom Michel ist es nicht weit bis zur S-Bahnstation Stadthausbrücke. Von dieser wiederum fährt die Linie S3 nach Buxtehude. Es gab Meldungen, wonach Liam Colgan in der kleinen Stadt gesehen worden sei. Die Angestellte einer Bäckerei sagte, ein Mann, auf den Liam Colgans Beschreibung passen könnte, sei in den Laden gekommen. Er habe Englisch gesprochen und habe einen verwirrten Eindruck gemacht.

Die Fahndung der Polizei läuft, sie war teilweise mit Spürhunden unterwegs. Die Familie hat schon Suchen in Buxtehude und in Hamburg rund um den Michel organisiert. Eamonn Colgan reiste am Montag nach der Party ohne seinen Bruder zurück nach Schottland. Aber es hielt ihn nicht zu Hause. Seine Hochzeit ist verschoben. Eamonn Colgan ist Polizist, er will selbst nach seinem Bruder suchen, auch um sich von der Ungewissheit abzulenken.

"Wir wissen nicht, warum er (Liam) nicht in der Lage ist, selbst zu uns zurück zu finden und sind sicher, dass er das tun würde, wenn er könnte", heißt es im Namen von Freunden und Familie auf der Facebook-Seite "Help find Liam Colgan". "Wir befürchten, dass er sich vielleicht verletzt hat, er könnte einen Erinnerungsverlust erlitten haben oder verwirrt sein." Sie bitten die Bevölkerung, wachsam zu bleiben, vor allem auf leer stehende Gebäude, Schuppen oder Höfe zu achten. Vielleicht ist Liam dort irgendwo. Und noch einen Wunsch haben die Angehörigen des vermissten Liam Colgan: keine Spekulationen.

© SZ vom 24.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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