USA: Notwasserung in New York:"Vorbereiten auf den Aufprall"

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Dramatische Szenen vor den Hochhäusern Manhattans: Weil Vögel ins Triebwerk geraten sind, muss ein Passagierflugzeug auf dem Hudson River notwassern. Wie durch ein Wunder überleben alle Passagiere.

Jörg Häntzschel, New York

"Vorbereiten auf den Aufprall", rief der Pilot - und dann schlitterten wir auch schon über das Wasser." So beschreibt Fred Beretta, einer der Passagiere, den Moment, als der Airbus A320 am Donnerstagnachmittag gegen 15:30 unmittelbar vor der Hochhauskulisse von Manhattan auf dem Hudson River aufsetzte. "Es war ziemlich extrem", beschreibt er den Aufschlag, "doch wir hatten damit gerechnet, dass das Flugzeug sich überschlagen oder explodieren würde." Nichts dergleichen geschah.

Dramatische Minuten auf dem Hudson River: Passagiere warten auf den Tragflächen auf Rettung. (Foto: Foto: AP)

Nach ersten Berichten konnten sich alle 150 Passagiere und die fünf Besatzungsmitglieder mit allenfalls kleineren Verletzungen aus der Maschine retten. Polizeitaucher hatten die Kabine der Maschine durchforstet, um sicherzustellen, dass niemand zurückbleibt

Der US-Airways-Flug 1549 war Minuten zuvor vom New Yorker Flughafen LaGuardia Richtung Charlotte im Bundesstaat North Carolina aufgebrochen, als der Pilot dem Tower meldete, er müsse umkehren. Ein Vogelschwarm sei in eines der Triebwerke geraten - wahrscheinlich waren dem Flieger Gänse in die Quere gekommen.

Doch für die große Schleife über die Stadt und zurück zum Flughafen reichte es offenbar nicht mehr. Nach Süden fliegend setzte der Pilot zu einer nach Augenzeugenberichten erstaunlich sanften und kontrollierten Notwasserung an, ein Manöver, das in der Luftfahrt äußerst selten vorkommt - und noch seltener so gut ausgeht wie an diesem kalten Wintertag in New York.

Wie genau es dem Pilot trotz Triebwerkschaden gelang, die Maschine so präzise und sicher zu landen, war am Donnerstag noch unklar. Nur dass er das Fahrwerk nicht ausgefahren habe, berichteten Augenzeugen.

Auch die Evakuierung lief offenbar wie nach dem Lehrbuch. "Es war ziemlich erstaunlich: Die Leute gingen ruhig zu den Notausgängen und sprangen in die Rettungsflöße, es gab keine Panik", beschreibt einer der Geretteten die Aktion.

"Einige Leute fielen ins Wasser, aber ich glaube, es konnten alle wieder herausgezogen werden." Ein gutes Dutzend Feuerwehrboote und Fähren, die vom nahen Ufer heraneilten, halfen, die Passagiere sicher ans Land zu bringen.

Die Passagiere und Besatzungsmitglieder hatten dicht gedrängt und sich gegenseitig an den Händen haltend auf den Tragflächen und in den Flößen auf die Retter gewartet.

"Ich weiß gar nicht, wie ich es in Worte fassen soll", sagt einer der mit dem Schrecken davongekommenen Passagiere, die, mit gelben Schwimmwesten über dem Kopf, teils nur im Hemd oder in Decken gewickelt von den Booten stiegen. Andere warfen jubelnd die Arme in die Höhe und dankten den Feuerwehrleuten.

Es hätte durchaus anders ausgehen können. Der Donnerstag war der bisher kälteste Tag des Jahres in New York, und auch die Wassertemperatur lag nur wenige Grad über dem Gefrierpunkt. Schon kurze Zeit nach der Evakuierung befand sich der größere Teil des Flugzeugs unter Wasser.

Im Verlauf der Rettungsarbeiten versank der Rumpf immer weiter im Wasser, nachdem er durch die offenen Türen volllief. Das Wrack konnte dennoch an Land gezogen werden. Eine Stunde nach dem Unglück waren nur mehr Boote an der Stelle zu sehen, an der kurz zuvor noch das Flugzeug getrieben hatte.

© SZ vom 16.01.2009/woja/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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