Urteil:BGH verhandelt über neues Unterhaltsrecht

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Die Richter wollen alleinerziehende Mütter vor zu früher Erwerbspflicht bewahren - dabei werden sie möglicherweise Frauen besonders schützen, die mit dem Vater ihrer Kinder zusammengelebt haben.

Helmut Kerscher

Der Bundesgerichtshof steht vor einem Grundsatzurteil zur Erwerbspflicht von alleinerziehenden Müttern. Er wird möglicherweise Frauen besonders schützen, die mit dem Vater vorher zusammengelebt haben. Das ließen die Richter des BGH-Familiensenats bei der ersten Verhandlung erkennen, in der die jüngste Reform des Unterhaltsrechts eine entscheidende Rolle spielte.

Die Frage ist: Ab wann gibt es wie viel Geld? (Foto: Foto: ddp)

Seit dem 1. Januar gilt für geschiedene und nicht verheiratete Mütter die gleiche Frist von drei Jahren, innerhalb derer sie nach der Geburt nicht erwerbstätig sein müssen. Wann Verlängerungen aus Gründen der "Billigkeit" angebracht sind, muss nun der BGH vorgeben. Eine Bekanntgabe des Urteils wurde zunächst für diesen Donnerstag angekündigt. Danach hieß es, das Urteil komme vielleicht später.

Im konkreten Fall klagt eine Fernmeldetechnikerin gegen ihren ehemaligen Lebensgefährten auf unbefristeten Betreuungsunterhalt von monatlich 1335 Euro, weil sie sich der Erziehung der beiden gemeinsamen, sieben- und zehnjährigen Kinder widmen müsse.

Die geschiedene Frau, die ein 13-jähriges Kind aus einer früheren Ehe hat, lebte viereinhalb Jahre mit ihrem neuen Partner zusammen. Der Vater sei damit einverstanden gewesen, dass die Mutter zu Hause blieb und sich um die Kinder sorgte, sagte sie. Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach ihr bis zum sechsten Geburtstag des jüngsten Kindes einen monatlichen Unterhaltsanspruch von 216 Euro zu.

In der BGH-Verhandlung ging es vor allem um die Kriterien einer Verlängerung der Drei-Jahres-Frist für nicht verheiratete, aber auch für geschiedene Mütter. Darüber herrsche nach der Reform unter Experten eine katastrophale Unsicherheit, sagte Richter Hans-Joachim Dose.

Besonders umstritten sei die Bedeutung von Ganztagesplätzen in Kindergärten und Schulen. Es sei sehr die Frage, ob Müttern in diesen Fällen ohne weiteres eine Vollzeitarbeit zugemutet werden könne. Dies könne wegen der verbleibenden Aufgaben eine Überlastung sein. Vielleicht sei eine Teilzeitbeschäftigung die Lösung, bemerkte Dose.

Richter Claus Sprick sagte, für die Dauer eines Unterhaltsanspruchs könne auch eine vorangegangene Lebensgemeinschaft eine Rolle spielen. Je mehr sich diese einer Ehe angenähert habe, desto eher könne auch hier das Prinzip der Solidarität eine Verlängerung rechtfertigen. Sprick ließ erkennen, dass das Gericht die Regelfrist von drei Jahren nicht ignorieren könne. Der Gesetzgeber habe damit eine "Steilvorlage des Bundesverfassungsgerichts" verwandelt, das die Gleichstellung geschiedener und nicht verheirateter Mutter gefordert hatte. Er schloss allerdings eine Verlängerung der Frist auch nicht aus.

Der Anwalt der Klägerin, Herbert Geisler, sprach sich für das frühere "Altersphasenmodell" mit seiner klaren Regelung aus. Danach seien geschiedene Mütter erst nach etwa sieben Lebensjahren eines Kindes zu einer Teilzeit- und nach etwa 14 Lebensjahren zu einer Vollzeitarbeit verpflichtet gewesen.

An den dafür maßgeblichen Gründen, etwa der Vermeidung einer Doppelbelastung, habe sich nichts geändert. Demgegenüber verwies der Anwalt des Mannes, Norbert Gross, auf die Drei-Jahres-Frist des Gesetzgebers. Die Last der Verantwortung für eine ausnahmsweise Verlängerung liege nun beim Gericht. Diesem müssten aber jeweils besondere Gesichtspunkte vorgetragen werden. Daran fehle es in diesem Verfahren.

© SZ vom 17.7.2008/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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