Tierische Schmuggelware:Würgeschlangen im Gepäck

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Warane in Videokassetten, Vogeleier in Unterhosen: Ein Artenschutzexperte beklagt den skrupellosen Schmuggel mit Tierarten auf deutschen Flughäfen.

A. Eul

Sie stopfen Giftfrösche in Flaschen oder Warane in Videokassetten: Schmuggler entwickeln immer perfidere Methoden, um bedrohte Tiere nach Deutschland zu bringen. Weil der illegale Handel mit Tierprodukten stark zunimmt, setzt der Zoll jetzt Spürhunde ein. WWF-Experte Volker Homes über seltsame Haustiere, kriminelle Sammler und das Geruchsbild von Schildkröten.

Im Gepäck nichts zu suchen: Der Frankfurter Zoll fand diese Bartagame bei einem Reisenden. (Foto: Foto: ddp)

SZ: Allein am Flughafen Frankfurt hat der Zoll im vergangenen Jahr mehr als 60000 Verstöße gegen das Artenschutzgesetz registriert, dreimal so viele wie 2006. Was wird denn alles geschmuggelt?

Homes: Das geht von den typischen Souvenirs wie Elfenbein, Korallen oder Schildpatt, über Medizinpräparate aus Nashornpulver bis zu Lebendtierschmuggel, sprich Würgeschlangen, Warane oder Schildkröten. Sehr im Trend sind gerade übrigens in Alkohol eingelegte Kobras.

SZ: Woher kommt die Schmuggelware?

Homes: Vieles bieten Schwarzmarktshops asiatischer Städte wie Bangkok, Hongkong oder Shanghai an, mitunter sogar Apotheken. Tiere werden gefangen.

SZ: Wo wird die Beute versteckt?

Homes: Junge Warane etwa werden in Videokassetten per Post verschickt.

SZ: In Videokassetten?

Homes: Ja, die Bänder werden vorher entfernt. Als wechselwarmes Tier verfällt ein runtergekühlter Waran in diesem Gefängnis in eine Art Starre. Der Zoll hat auch schon ein Dutzend Pfeilgiftfrösche in Flaschen oder Papageieneier in Unterhosen gefunden. Die müssen ja quasi weiterbebrütet werden.

SZ: Woher kommen die Schmuggler?

Homes: Elfenbein oder Korallen finden wir meistens bei ahnungslosen Touristen. Warane aus Indonesien oder griechische Landschildkröten werden von organisierten Händlerringen geschmuggelt.

SZ: Was sind das für Händlerringe?

Homes: Es gibt einen Heimtiermarkt, der zum Großteil sogar legal ist. Aber einige der Organisationen handeln bewusst mit aussterbenden Arten. Diese Szene ist europäisch vernetzt. Manchmal investieren Schmuggler 10 000 Euro in ein Tier.

SZ: Wie arbeitet diese Szene?

Homes: Die Händler kontaktieren Kuriere oder Zwischenhändler, die zum Beispiel auf die Philippinen fahren, Tiere fangen, nach Europa schmuggeln und hier verkaufen. Das ist richtige Tierwäsche.

SZ: Warum möchte jemand zum Beispiel Pfeilgiftfrösche zu Hause haben?

Homes: Das ist wie bei Briefmarkensammlern. Je seltener ein Exemplar, desto wertvoller ist es. So einen Frosch finden Sammler sehr exotisch. Über ihn gibt es Mythen. Mit dem Gift haben Indianer ihre Speere präpariert.

SZ: Der Zoll am Flughafen Frankfurt setzt jetzt erstmals Artenschutzspürhunde ein, um den Schmuggel aufzudecken.

Homes: Das funktioniert wie bei den Drogensuchhunden, die ja jeder kennt. Die laufen über den Flughafen und untersuchen unbemerkt das Gepäck.

SZ: Der Hund lernt, Frösche und Schlangen zu erschnüffeln?

Homes: Genau. Schlangen und Warane zum Beispiel werden von Zoos zum Training der Hunde zur Verfügung gestellt. Erschnüffelt der Hund ein Tier in einem Koffer, wird er belohnt. Wenn der Hund etwa eine Landschildkröte erkennt, legt er ein Geruchsbild an und erkennt später auch alle anderen Schildkrötenarten, weil alle ähnlich riechen. Wir waren anfangs auch skeptisch, aber es funktioniert.

© SZ vom 20.08.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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