Tierfotografie:Eule mit Beule

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Eine Jury hat die kuriosesten Naturfotos prämiert, bei denen der Betrachter sofort lächeln muss. Die Motive werfen die Frage auf: Ist das Zufall oder sind Tiere humorbegabt?

Von Titus Arnu

Bilche sind keine Burn-out-Kandidaten. Sie führen ein eher entspanntes Leben. Bilche sind pelzige Knilche, die zwei Drittel ihres Lebens verpennen. Zu der Nagetiergattung gehören Haselmäuse, Siebenschläfer, Gartenschläfer und Baumschläfer. Von Ende September bis Ende April halten diese sympathischen Tierchen Winterschlaf, sieben Monate am Stück. Wenn sie in der übrigen Zeit mal aktiv sind, dann nur nachts. Tagsüber gehen sie ihrem Hauptberuf nach, dem Schlafen.

Wenn Ratten gekitzelt werden, quieken sie. Aber finden sie das wirklich zum Lachen?

Eine Begegnung mit einer wachen Schlafmaus ist ungefähr so selten wie die Sichtung eines Einhorns oder einer zwei Wochen alten Eintagsfliege. Und ein Foto einer lachenden Haselmaus, die bei Sonnenschein an einer Schafgarbe herumklettert, ist so unwahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto. Dem italienischen Naturfotografen Andrea Zampatti gelang genau so eine einmalige Aufnahme in einem Waldgebiet am Monte Guglielmo in der Lombardei. "Ich wanderte über einen Pfad am Waldrand und hörte ein scharfes, seltsames Fiepen", erzählt er, "nach ein paar Minuten fand ich staunend und glücklich diese winzige Haselmaus." Das Tier scheint auf dem Foto zu grinsen. Oder gähnt es? Jedenfalls löst der fröhliche Bilch reflexartig ein Lächeln beim Betrachter aus.

Können Tiere lustig sein? Lachen Lachmöwen wirklich? Und die Lachse? Verfügen Tiere gar über Humor? Wer ein Haustier hat, wird diese Fragen wohl fröhlich bejahen. Fotos von Grinsekatern und lächelnden Labradoren sollen Beweis für die These sein, dass auch Tiere Spaß haben und dies durch ihre Mimik zeigen. Aber meistens handelt es sich um Missverständnisse zwischen Tier und Mensch. Wenn ein Pferd die obere Zahnreihe bleckt, sieht das freundlich aus, aber es bedeutet in der Pferdesprache das Gegenteil: Achtung, zieh Leine! Forscher vermuten, dass nur wenige Tierarten lachen können, Schimpansen etwa. Ein Neurowissenschaftler mit dem lustigen Namen Jaak Panksepp kitzelte in den 1970er-Jahren systematisch Ratten und stellte fest, dass die Tiere dabei spezielle Laute von sich gaben. Aber mit der besonderen Humorbegabung des Menschen, die zumindest bei manchen Exemplaren dieser Gattung zu beobachten ist, hat das wahrscheinlich wenig zu tun.

Umgekehrt ist es einfacher. Tierfotos können lustig wirken, wenn sie die Lächelnerven des Menschen ansprechen: Schadenfreude, Kindchenschema, Grimassen und Sex funktionieren meistens, auch wenn der Darsteller ein Gnu, ein Seeotter oder ein Kaiserpinguin ist. Bei den Comedy Wildlife Photography Awards, die am Donnerstag in London vergeben wurden, gewann eine Slapstick-Serie des ungarischen Fotografen Tibor Kercz. Er fotografierte drei Eulen, die auf einem Ast sitzen - eine rutscht ab und kann sich mit einigen Verrenkungen gerade noch so halten. Titel: "Help." In der Kategorie "lustige Landtiere" gewann die fidele Haselmaus.

Ein Bärchen-Pärchen rammelt im Sternenlicht - wie romantisch!

Aus mehr als 3500 Einsendungen wählte eine Jury, zu der britische Comedians, Fotografen, Umweltschützer und Fernsehmoderatorinnen gehörten, die amüsantesten Tierfotografien der Welt. 40 Motive kamen ins Finale. Gegründet wurden die Comedy Wildlife Photography Awards von den britischen Tierfotografen Paul Joynson-Hicks und Tom Sullam. Naturfoto-Wettbewerbe gibt es ja fast so viele wie Mücken in Lappland. Die meisten davon zielen auf die Ästhetik ab. Beim Tier-Comedy-Wettbewerb geht es eher um den besten Lacher. Die Initiatoren hatten "ein Bedürfnis nach einem Fotowettbewerb, der leichtherzig, optimistisch, vielleicht unprätentiös" ist, erklären Joynson-Hicks und Sullam. Vor allem wollten sie "wild lebende Tiere zeigen, die lustige Dinge tun". Gestellte Hundefotos, ein Clownfisch im Aquarium, Cat-Content und professionell trainierte Papageien waren nicht zugelassen.

Nebenbei wollen die beiden Tierfotografen, die seit Jahren vor allem in Afrika arbeiten, für die Erhaltung der bedrohten Arten werben. Dementsprechend sind vor allem kuriose Aufnahmen von Wildtieren in Schutzgebieten zu sehen. Zwei Affen wurden im indonesischen Tangkoko Duasaudara-Reservat von der Fotografin Katy Laveck-Foster dabei erwischt, wie sie sich auf ein Motorrad setzten, um mal so richtig Gas zu geben. Eine Seeelefanten-Seifenoper nahm der Fotograf George Cathart auf: Die Szene wirkt, als wäre der eine geschockt über das, was der andere gesagt hat. Titel des Bildes: "WTF", what the fuck.

Apropos: Ins Finale schaffte es auch das Foto "Caught in the Act" von Bence Mate, einem ungarischen Tierfotografen. Auf dem Bild ist ein Bären-Pärchen zu sehen, das romantisch im Mondlicht rammelt, im Hintergrund funkeln die Sterne. Als Bär denkt man sich wahrscheinlich nicht viel dabei. Erst der Blick des Menschen verzerrt die Sexszene ins Groteske. Die Realität ist möglicherweise nicht halb so lustig.

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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