Teure Klassenfahrt:38 085 Euro

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Ein Berliner Gymnasium lässt sich eine New-York-Reise für 15 Schüler vom Staat bezahlen. Und erntet Kritik.

Von Korbinian Eisenberger, Berlin

Das Telefon im Büro von Rainer Völkel hörte am Mittwoch gar nicht mehr auf zu klingeln. Reporter hätten ihn schon frühmorgens zur Rede gestellt, erzählt Völkel, so etwas habe er in seinen 15 Jahren als Direktor des Berliner Robert-Koch-Gymnasiums noch nicht erlebt. Per E-Mail musste er Beschimpfungen über sich ergehen lassen, "und sogar die Schulaufsicht hat angerufen", sagt er. Dutzendfach musste sich der 60-Jährige erklären, nein, eher schon verteidigen. All dies wegen einer Klassenfahrt, die Rainer Völkel kürzlich dem Englischleistungskurs genehmigt hatte. Einer ziemlich teuren Klassenfahrt.

Für Flug, Unterkunft und Verpflegung während der einwöchigen Reise wurden 38 085 Euro - 2538 Euro für jeden der 15 Schüler - bereitgestellt, vom Jobcenter Berlin, aus Steuergeldern, nachdem Völkel den Antrag des Englischlehrers unterschrieben hatte. Im Berliner Tagesspiegel kritisierten Eltern, Bildungspolitiker und Lehrer die Ausgaben als überzogen, weil für Klassenfahrten pro Teilnehmer nur 300 bis 700 Euro fällig sein sollten. Eine Obergrenze, wie etwa in Hessen, gibt es jedoch an Berliner Schulen nicht.

Dabei soll es auch bleiben, zumindest, wenn es nach dem Bundeselternrat geht. Dessen Sprecher Wolfgang Pabel stärkt dem Kreuzberger Direktor den Rücken. "Grundsätzlich ist es natürlich bedenklich, wenn Klassenfahrten immer teurer werden", sagt Pabel. Wenn aber niemand benachteiligt werde, wie am Kreuzberger Gymnasium, wo alle Schüler aufgrund der Einkommensverhältnisse ihrer Eltern die Förderung behördlich bewilligt bekamen, spreche nichts gegen eine solche Reise, im Gegenteil: "In diesem Fall halte ich das für pädagogisch sinnvoll", so Pabel.

"Ich kann verstehen, dass die Summe als übertrieben wahrgenommen wird", sagt Völkel. Dennoch habe er die Reise bewusst ermöglicht: Am Kreuzberger Koch-Gymnasium würden 95 Prozent aller Schüler aus Migrationsfamilien stammen, ein Großteil davon habe muslimischem Hintergrund. "Auf dem Schulhof gibt es viele Vorurteile gegenüber Amerikanern", sagt Völkel. "Einige hatten vorher Angst, dass man sie am Flughafen abweisen könne", sagt Englischlehrer und Reiseleiter Frederik von Elm, 34. Stattdessen hätten seine Schüler zu spüren bekommen, wie weltoffen Amerika sein könne. "Ich hoffe, dass sie das ihren Familien und Freunden erzählen."

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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