Sumoringen in Japan:Big in Japan

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Innerhalb von neun Jahren 90 Kilo mehr auf den Rippen: Wie der 24-jährige Mongole Hakuho zum neuen Sumo-Superstar Japans wurde.

Christoph Neidhart

"Sehr männlich, sehr stark und außerhalb des Rings sehr sanft und freundlich", so beschreibt Hakuho den idealen Sumoringer - also sich selbst. Es seien diese Eigenschaften, die Sumo populär machten, glaubt der 24-jährige Mongole, der bürgerlich Mönkhbatyn Davaajargal heißt. Er ist der neue Superstar des japanischen Sumo. Von den jüngsten zehn Turnieren hat er acht gewonnen.

Schüchterner 155-Kilo-Koloss: Der Mongole Hakuho ist die Nummer eins seiner Zunft. Der Weg dorthin war hart. (Foto: Foto: AFP)

Hakuho spricht zögernd, in kurzen Sätzen, die plötzlich abbrechen, und denen er ein "gambarimasho" hinterherschickt, das kann, je nach Tonfall, von "ich gebe mir Mühe" bis zur (Selbst-)Anfeuerung vieles bedeuten. Ein Gespräch mit Journalisten mache ihn nervöser als ein Profikampf, sagt er und hüstelt ein Lächeln. Hakuho ist der 69. Yokozuna, so nennt das japanische Sumo den höchsten Rang. Schon der 68. Yokozuna ist ein Mongole, Asashoriyu. Seit 1998 wurde nie mehr ein Japaner zum Yokozuna promoviert.

Hakuho trägt eine dunkle Yukata und den Chonmage, den Haarknoten, in dem der Sumogeist sitzen soll. Neben der Kleidung schreibt der Sumoverband Ringern jede Bewegung vor - als Hüter der Tradition. Als Profispektakel gibt es Sumo in Japan seit 300 Jahren, zum Nationalsymbol wurde es Ende des 19. Jahrhunderts.

Skandale und Schlagzeilen

Heute gerät Sumo mehr mit Skandalen als mit Tradition in die Schlagzeilen: Hartnäckig halten sich Vorwürfe, es würden Kämpfe vorab fixiert; in Nagoya steht zur Zeit ein Stallmeister wegen Totschlags an einem Nachwuchsringer vor Gericht. Junge Ringer, die Haschisch rauchten, hat der Verband ausgeschlossen, Dopingkontrollen, etwa auf muskelaufbauende Steroide, verweigert er aber.

Steroide würden in vielen Sportarten genommen, sagt Hakuho, und er habe gehört, der Verband wolle dieses Jahr Kontrollen einführen. Selber weiß er über Steroide nichts, sagt der 155-Kilo-Mann, der vor neun Jahren als Jüngling mit nur 62 Kilo nach Japan gekommen ist.

Erst wollte ihn kein Sumostall aufnehmen. Damals war er 15, das jüngste von fünf Kindern. Sein Vater hatte bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko eine Silbermedaille im Ringen gewonnen, war Großmeister des mongolischen Ringens. Hakuho hatte, bevor er nach Japan kam, nie gerungen. Zu schmächtig fand ihn sein Vater. Stattdessen spielte er Basketball.

"Suppe mag ich besonders"

Natürlich hatte er anfangs Heimweh, sagt er, er weinte jeden Tag. Habe er doch bis zuletzt mit seinen Eltern im selben Bett geschlafen, auch konnte er kein Wort Japanisch. In der hierarchischen Welt der Sumoställe erhalten die Jüngsten vom Essen, was die Älteren übriglassen. "Das Fleisch war immer weg; ich aß viel Gemüse, Suppe und den Reis. Suppe mag ich bis heute besonders."

Schwer zu ertragen war das "Kawaigari", was übersetzt fast "liebkosen" heißt, aber rituelles Verprügeln meint. "Manchmal dauert das 45 Minuten, die ersten 20 Minuten leidet man fürchterlich, aber dann fühlt man es nicht mehr, und die Oberen, die einen schlagen, sagen immer, es ist für dich, es härtet dich ab."

Es lehre einen, mehr auszuhalten. "Deshalb sitze ich jetzt vor ihnen, und sie können sehen, ich habe ein glückliches Gesicht." Von einer großen Rivalität mit Landsmann Asashoriyu, dem Enfant terrible des Sumo, der die Turniere der vergangenen Jahre dominiert hat, will Hakuho nichts wissen. Er bewundere Asashoriyu. Sein wichtigster Gegner sei er selber, er wolle sich in jedem Kampf überwinden.

© SZ vom 13.05.2009/ojo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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