Sriracha Hot Chili Sauce:Es stinkt zum Himmel in Irwindale

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Stein des Anstoßes: Sriracha-Soße in einem Supermarktregal in Kalifornien (Foto: REUTERS)

Brennende Augen, Kopfweh, Nasenbluten und Halsschmerzen: Die Einwohner einer Kleinstadt in Kalifornien klagen über die Auswirkungen der Produktion von Sriracha-Soße in einer neuen Fabrik. Es könnte allerdings sein, dass die Beschwerden nicht ganz uneigennützig sind.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Amerikanische Fernsehsender neigen bisweilen dazu, die Abendnachrichten überaus reißerisch zu bewerben; meistens werden Berichte über Schießereien, Verfolgungsjagden und Bombendrohungen angekündigt. Doch nicht an diesem Tag im Dezember vergangenen Jahres, da war die Lage weitaus dramatischer: Es ging um die Zukunft des Essens - oder vielmehr um die einer scharfen Köstlichkeit, die sich Amerikaner gerne über ihr Essen kippen.

"Ist Ihre Lieblingssoße in Gefahr? Finden Sie es um 22 Uhr heraus", hieß es etwa auf dem Sender KCBS. Dem Unternehmen Huy Fong Foods war verboten worden, die Sriracha Hot Chili Sauce zu produzieren und auszuliefern. Fans waren entrüstet, auf Twitter entstand gar ein eigener Hashtag: Srirachaapocalypse.

Derzeit scheint diese Apokalypse erneut bevorzustehen, denn wieder geht es um die im kalifornischen Irwindale angesiedelte Fabrik. Aufgrund der Produktion der roten Tunke würden den Anwohnern die Augen brennen, wird berichtet, sie klagen über Kopfweh, Nasenbluten und Halsschmerzen. Nun hat der Stadtrat die Produktionsstätte zum öffentlichen Ärgernis erklärt und dem Unternehmen einstimmig eine Frist gesetzt, den Geruch in der Stadt innerhalb von 90 Tagen wieder erträglich zu machen.

"Scharfe Soße muss scharf sein"

Der Vietnamese David Tran, 69, hatte das Unternehmen 1980 gegründet. Er war kurz zuvor aus seinem Heimatland geflüchtet. Angekommen in Los Angeles, fand er weder einen Arbeitsplatz noch eine Soße, die seine Geschmacksnerven zufriedenstellte. Also begann er, Jalapeños zu hacken, mit Salz, Knoblauch, Essig und anderen Zutaten zu mischen und in kleine Flaschen abzufüllen. Die verkaufte er von Chinatown aus an asiatische Restaurants. Als ihn jemand darauf hinwies, dass dieses Zeug höllisch scharf sei, entgegnete er lapidar: "Scharfe Soße muss scharf sein. Wer es nicht scharf mag, soll halt weniger nehmen. Wir stellen hier keine Mayonnaise her!"

Das Geheimnis seines Produkts liegt darin, dass ausschließlich frische Pfefferschoten verwendet werden, die er von einer Farm im südkalifornischen Ventura bezieht. Jede einzelne Jalapeño wird innerhalb eines Tages verarbeitet, damit sie so frisch und scharf wie möglich bleibt.

Mittlerweile setzt Trans Unternehmen trotz des Verzichts auf jede Form von Werbung mehr als 60 Millionen US-Dollar pro Jahr um. Das Magazin Bon Appétit erklärte die Soße im Jahr 2010 zur "Zutat des Jahres". Es gibt Kochbücher, die sich einzig darum drehen, köstliche Gerichte mit Sriracha zu kreieren. Ein Börsengang der Firma ist nicht geplant, Tran sagt: "Dieses Unternehmen ist für mich wie eine Geliebte - warum sollte ich sie mit jemandem teilen wollen?" Solange das Produkt beliebt sei, werde die Firma auch wachsen.

Aus welchen Gründen macht der Stadtrat Druck?

Im vergangenen Jahr eröffnete Tran eine neue Fabrik in Irwindale, durch die sich die Produktivität des Konzerns verdreifachen sollte. Einige der knapp 1500 Einwohner beschwerten sich jedoch über den Geruch, die Stadt reichte beim Bezirksgericht von Los Angeles Klage ein und beauftragte den South Coast Air Quality Management District (AQMD) mit einer Analyse der Luft. Die Ergebnisse wurden nicht veröffentlicht, die AQMD-Mitarbeiter regten jedoch an, dass die Probleme mit Karbonfiltern gelöst werden könnten. Genau die wollte Huy Fong Foods dem Anwalt John Tate zufolge nun einbauen lassen.

Die Stadt hat dennoch eine Frist von 90 Tagen festgelegt und klargestellt, andernfalls die Fabrik zu schließen, die Veränderungen selbst vorzunehmen und dem Unternehmen in Rechnung zu stellen. "Der Stadtrat ist entschlossen, seine Autorität durchzusetzen - unabhängig vom Stand der Bemühungen, den Geruch zu reduzieren", sagt Tate. Außerdem habe die Stadt die Firma erneut wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verklagt.

Nun stellte sich heraus, dass es zwar 100 Beschwerden gab, die meisten davon jedoch von Stadtratsmitgliedern oder ihren Verwandten stammten und so mancher Haushalt mehrere Beschwerden einreichte. Der Verdacht: Einige Einwohner hätten gerne Schadenersatz von der Firma.

Es stinkt etwas zum Himmel in Irwindale - und die Menschen diskutieren derzeit, ob es wirklich die Produktion der Soße ist oder das Verhalten des Stadtrats. Tran übrigens hat sich zu dem Fall bislang nicht geäußert. Er hält sich daran, was er vor einem Jahr über sein Unternehmen sagte: "Wer weiß, was aus der Firma wird? Wir machen einfach die bestmögliche Soße."

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