Spitzentreffen zum Dioxin-Skandal:"Verschärfte" Kontrollen gefordert

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Spitzenvertreter der Agrarbranche treffen sich zum Krisengespräch in Berlin. Im Vorfeld kündigt Ministerin Aigner an, Betriebe stärker in die Verantwortung nehmen zu wollen.

Daniela Kuhr

Als Konsequenz aus dem Dioxin-Skandal will Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) die Sicherheit in der Futtermittelkette erhöhen. Man müsse "klären, ob bestimmte Betriebe, die Futtermittelrohstoffe liefern, einer verschärften Zulassungspflicht unterworfen werden müssen", sagte Aigner am Sonntag der Süddeutschen Zeitung. An diesem Montag will sich die Ministerin mit Futtermittelherstellern und Verbänden der Landwirtschaft zu einem Krisengespräch treffen.

"Ich will Informationen aus erster Hand": Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) fordert von der Futtermittelwirtschaft konkrete Vorschläge zur Vermeidung weiterer Lebensmittelskandale. (Foto: dpa)

"Ich will Informationen aus erster Hand", sagte Aigner, die zugleich Bundesverbraucherschutzministerin ist. Die Futtermittelwirtschaft müsse nicht nur "aktiv zur Aufklärung der Geschehnisse beitragen, sondern konkrete Vorschläge auf den Tisch legen, wie sich solche Fälle in Zukunft vermeiden lassen". Diese Vorschläge werde sie kritisch prüfen. "Es muss geklärt werden, wo Lücken sind."

Das schleswig-holsteinische Landwirtschaftsministerium meldete am Wochenende weitere Dioxinfunde in Futterfetten. Bei sieben von acht Untersuchungsergebnissen war der zulässige Grenzwert von 0,75 Nanogramm Dioxin pro Gramm Mischfettsäure überschritten, in einem Fall um das 73-Fache. Die Proben stammten von dem Futterfett-Hersteller Harles und Jentzsch, der im Zentrum des Skandals steht.

Die Firma aus dem schleswig-holsteinischen Uetersen hatte im vergangenen Jahr 3000 Tonnen dioxinbelastetes Futterfett an Abnehmer in mehreren Bundesländern geliefert. Diese mischten das Fett unter Tierfutter und verkauften es an landwirtschaftliche Betriebe weiter.

Bis Freitag vergangener Woche waren deshalb bundesweit vorsorglich 4700 Betriebe geschlossen worden, fast alle davon in Niedersachsen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Betrugsverdachts.

Entwarnung für hunderte Betriebe

Am Wochenende konnten erste gesperrte Höfe wieder freigegeben werden. So gab es in Niedersachsen Entwarnung für die 462 Milchbetriebe, in keiner Probe war der Grenzwert überschritten worden. Unzählige Eier mussten jedoch vernichtet werden, Tausende Legehennen wurden geschlachtet.

Bei Hähnchen, Puten oder Schweinen sind bislang keine Grenzwertüberschreitungen nachgewiesen, die Tests laufen noch. Insgesamt sind laut Bundeslandwirtschaftsministerium noch 4000 Höfe gesperrt. Man erwarte, dass in den kommenden Tagen weitere Betriebe geöffnet werden könnten, sagte ein Ministeriumssprecher. Voraussetzung sei jedoch, dass keinerlei Risiko für die Verbraucher bestehe.

Ministerium empört über Einfuhrverbote

Nach Südkorea verhängte auch die Slowakei ein Einfuhrverbot für deutsches Geflügel- und Schweinefleisch. Aigners Ministerium reagierte empört. Das Einfuhrverbot sei "unbegründet und damit völlig inakzeptabel", sagte der Sprecher. Russland verschärfte die Einfuhrkontrollen für deutsches Geflügel und Schweinefleisch. In Brüssel lud EU-Verbraucherkommissar John Dalli europäische Futterfett-Hersteller für diesen Montag zu einem Krisengespräch.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch beklagte, dass die 1700 Futtermittel-Betriebe in Deutschland staatlich zu wenig kontrolliert würden. Die Grünen-Agrarexpertin Ulrike Höfken forderte, dem Bund bei der Lebensmittelkontrolle mehr Kompetenzen zu übertragen. Weil bislang vorrangig die Länder zuständig seien, würden die Informationsflüsse unnötig kompliziert.

© SZ vom 10.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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