Spendengalas bei Sat 1 und ZDF:Beckmann, Pflaume, Kerner: Wie verkraften Sie das?

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Man darf alles, wenn es dem guten Zweck dient. Man darf die Scorpions jaulen lassen, darf als Moderator ab und an über die Bühne irren. Geht alles in Ordnung - wenn es hilft, Geld zu sammeln für die Opfer der Flut.

Man darf alles, wenn es dem guten Zweck dient. Man darf die Scorpions jaulen lassen, darf als Moderator ab und an über die Bühne irren - und der ausführende Sender darf auch ein paar Mal zu oft den hauseigenen Geschäftsführer ins Bild rücken. Geht alles in Ordnung - wenn es hilft, Geld zu sammeln für die Opfer der Flut, wenn es eine Chance bietet, der allgemeinen Hilflosigkeit etwas anderes entgegen zu setzen als die immer gleichen Bilder von heranpeitschenden Wassermassen und verzweifelten Menschen.Wenn am Schluss mehr als zehn Millionen Euro in der Spendenbilanz stehen, ist jede Lässlichkeit entschuldigt.

Es liegt in der Natur schnell organisierter Spendengalas, dass sie selten dramaturgisch durchorganisierte Glanz-Ereignisse sind. Gemacht wird, was geht. Was geht, ist gut. Im Prinzip gilt der Zweck, die Sendezeit zwischen den zahlreichen Spendenaufrufen zu füllen und die Menschen an die Spendentelefone zu bringen. Das hat Kai Pflaume (Deutschland hilft - Spenden für die Opfer der Flutkatastrophe) als Moderator für Sat 1 ordentlich hinbekommen. Er hat eine imposante Riege aus Politprominenz und Showgrößen souverän unter einem Hut versammelt, hat höchst einfühlsam mit Betroffenen gesprochen, Einspielfilme mit Musikansagen kombiniert und dabei trotzdem nicht den Eindruck vermittelt, hier arbeite ein Routinier die Positionen auf seiner Pflichtenliste ab.

In seinen besten Momenten strahlte Pflaume unerwartete Wärme aus, die sich einerseits aus unbedarfter Naivität zu speisen schien, andererseits aber auch aus ehrlicher Anteilnahme. So darf man es ihm nicht ankreiden, dass sich am Montagabend mehr Leute für Iris Berben (Die Patriarchin) im ZDF, die Volksmusiker in der ARD und die Dinosaurier bei RTL interessierten. Dass lediglich 3,36 Millionen Zuschauer die von Sat 1 werbefrei ausgestrahlte Gala verfolgten, mag Statistiker betrüben, aber bei diesem Anlass zählte Geld, nicht Quote.

Es wird viel gespendet dieser Tage. WDR und RTL haben schon früh gesammelt, am Dienstag moderierte Johannes B. Kerner die ZDF-Gala (Bundespräsident Köhler trat auf; Altkanzler Kohl, der noch auf Sri Lanka weilt, wurde telefonisch zugeschaltet). Im Zweiten war persönliche Betroffenheit das ordnende Thema - wie schon Montagabend bei Beckmann im Ersten (mit eingeblendeter Spendenaufforderung).

Vielleicht hatte sich Gastgeber Reinhold Beckmann in 84 Minuten zu viele persönliche Eindrücke zugemutet. Denn bei 17 Gästen stellte sich ihm fortlaufend ein Zeitproblem. Kaum bekam ein Gespräch emotionale Tiefe, musste Beckmann sich schon dem Nächsten zuwenden. Das irritierte zuweilen, weil die berühmten und unbekannten Menschen ja vor allem gekommen waren, um sich etwas von der Seele zu reden.

Als Pro-Sieben-Moderatorin Miriam Pielhau - die in Khao Lak nur überlebte, weil sie mit einer Tauchergruppe im Boot 60 Kilometer vor der Küste war - plötzlich Tränen vergoss, wurde deutlich, wie schwer es sein kann für einen Moderator, in einer solchen Situation angemessen zu reagieren. Dabei bleiben, und dafür einem anderen weniger Raum für sich und seine Geschichte geben?

Doch Beckmann behielt die Balance. Es war die erste Sendung ohne Politiker und Funktionsträger, und man erfuhr von dem einen oder der anderen mehr über die Katastrophe und ihre Folgen als bisher in den diversen Dauerfilmbeiträgen der Nachrichtensender.

Am Ende schauten 2,8 Millionen Menschen zu. Das Interesse und der Anlass rechtfertigten wohl auch hier das Konzept, ungewöhnlich viele Stimmen zu Wort kommen zu lassen.

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