Seilbahnunglück in Tirol:Neun deutsche Urlauber sterben in Sölden

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Ein Hubschrauber hatte einen 750 Kilo schweren Betonkübel verloren, der mit voller Wucht auf die Seilbahn prallte. Sechs Kinder und drei Erwachsene starben in der Gondel.

Wolfgang Simonitsch

Ein schweres Seilbahn-Unglück im Tiroler Ötztal hat am Montagmittag im Gletschergebiet oberhalb von Sölden mindestens neun Tote und vier Schwerverletzte gefordert.

Alle neun Opfer stammen aus Deutschland berichtet die österreichische Nachrichtenagentur APA unter Berufung auf Behörden. Wie die Polizei am Abend bestätigte, sind unter den Toten sechs Kinder.

Berichte, es habe sich um eine Gruppe des Deutschen Alpenvereins gehandelt, wurden von dem Verband in München zunächst nicht bestätigt. Die Informationen seien noch zu vage, sagte ein Sprecher der dpa.

Drei weitere Personen seien "mehr oder weniger unverletzt" davon gekommen, erklärte der Bahnbetreiber am Nachmittag. Bei den Opfern soll es sich hauptsächlich um Kinder und jugendliche Urlauber handeln, die auf dem Weg zum Sommer-Skigebiet gewesen sein dürften. Ihre Identität war zunächst unbekannt.

Auslöser der Tragödie nahe der Bergstation der 3309 Meter hohen "Schwarzen Schneid" am "Tiefenbachferner" war ein Hubschrauber gewesen, der Material zu einer Baustelle auf dem Gletscher hätte transportieren sollen. Dabei dürfte er einen etwa 750 Kilogramm schweren, mit Beton gefüllten Metallkübel verloren haben.

Zwölf Hubschrauber im Einsatz

Er habe mit voller Wucht zunächst das Seil und anschließend die Gondel getroffen, sagte der Geschäftsführer der Bergbahn in Sölden, Jakob Falkner.

Durch den Aufprall wurden zwei weitere Kabinen in so große Schwingungen versetzt, dass Fahrgäste aus diesen Gondeln und in die Tiefe geschleudert wurden. Polizei, Bergrettung, Seilbahn-Angestellte und Rotes Kreuz waren mit bis zu 150 Mann und zwölf Hubschraubern im Einsatz.

Die Verletzten sind in die Universitätsklinik nach Innsbruck und ins Krankenhaus Zams gebracht worden. Psychologen und Krisen- Interventionsexperten kümmerten sich um Angehörige der Opfer.

Wie es zur Katastrophe kommen konnte, war zunächst unklar. Der Pilot des Unglücks-Hubschraubers erklärte, keinerlei Anzeichen für den drohenden Absturz des Betonbehälters bemerkt zu haben. Dann hätte er jedoch nur noch zuschauen können, wie das Ladegut in die Tiefe gekracht sei.

Nach Angaben des vom Piloten informierten Chefs der Salzburger Hubschrauber-Firma Knaus sei der Behälter auch nicht direkt auf die Gondel, sondern auf das Seil gefallen. Dabei habe sich durch die heftigen Schwingungen zumindest eine Gondel ausgekoppelt, die dann abgestürzt sei, erzählte Knaus Reportern des Österreichischen Rundfunks (ORF).

Die betroffene Ötztaler Unglücksbahn war bereits Mitte November 2004 in eine spektakulären, jedoch glimpflich, ohne Verletzte ausgegangen Zwischenfall verwickelt. Damals hatte sich ein viel zu heftig schwingendes Steuerseil mit einer leeren, talwärts fahrenden Gondel verhängt und diese abstürzen lassen. Schließlich mussten bei stundenlangen Bergearbeiten 113 Fahrgäste einzeln und teilweise bis zu 50 Meter tief aus den stecken gebliebenen Gondeln auf Wiesen abgeseilt werden.

Anschließend hatten etliche vom Unglück betroffene, vor allem deutsche Urlauber mit Klagen gedroht. Vom zuständigen Ministerium in Wien wurden zwei Mitarbeiter der Bergbahnen vom Dienst suspendiert und bauliche Verbesserungen gefordert, die in der schneefreien Zeit hätten gemacht werden sollten. Angeblich war der gestrige, verhängnisvolle Hubschrauber-Transport mit den wuchtigen Betonkübeln im Zusammenhang mit diesen Bauarbeiten geflogen worden.

Die Einseil-Umlaufbahn zur "Schwarzen Schneid" ist mit Achterkabinen ausgestattet und kann pro Stunde bis zu 2800 Passagiere befördern. Im Oktober 2003 wurde die Anlage nach Angaben der Touristikämter als letzte von drei Seilbahnen eröffnet, die zu den drei Dreitausendern im Skigebiet Sölden führen.

© SZ vom 06.09.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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