SED-Gedenkmünze:Nippes mit Skandalgeschichte

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Nach dem Streit um eine missglückte Gedenkmünze der Post zur Zwangsvereinigung von KPD und SPD wittern jetzt Hobby-Sammler ihre Chance. Experten können nur warnen.

Thorsten Denkler, Berlin

Majorthomas1979 ist mit seinen 212 Käufen und Verkäufen einer von den kleinen Fischen im Internet-Aktionshaus ebay. Jetzt aber ist ihm selbst ein kleiner Coup gelungen. Er hat jene Gedenkmünze aus der Reihe "60 Deutsche Jahre" im Angebot, die die Deutsche Post AG in dieser Woche wegen einiger politischer Aufgeregtheiten aus dem Programm genommen hat.

Streit um eine Münze: Experten warnen. (Foto: Ausriss: FAZ)

Zwei Tage läuft das Angebot noch. Und schon jetzt liegt das Höchstgebot bei 176 Euro. Bei einem Neupreis von 34,90 Euro.

Auf der Münze ohne eigenen Nennwert wird auf die Vereinigung von KDP und SPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) am 22. April 1946 aufmerksam gemacht. Abgebildet sind Wilhelm Pieck, damals Chef der KPD, und der SPD-Vorsitzende Otto Grotewohl. Dazu der Schriftzug: "Neubeginn und Parteien-Einheit."

Sofortige Einschmelzung gefordert

Das hat Kritiker auf den Plan gerufen. Was da aber so wertneutral in massives 999/1000er Silber mit höchster Qualität (polierte Platte) geprägt ist, sorgt seit 1946 für immerwährenden Streit. In der West-SPD wurde der Zusammenschluss immer als Zwangsvereinigung beider Parteien gesehen.

Heute aber gehen vereinzelt auch Vertreter der Linkspartei nicht mehr davon aus, dass die DDR-Einheitspartei SED ein Produkt totaler Freiwilligkeit gewesen sein könnte.

Die Aufregung um die Gedenkmünze erreichte zuletzt die höchste Regierungsebene. Der Ost- Beauftragte und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) nannte die Münze "skandalös" und forderte ihre sofortige Einschmelzung.

Nach der Zwangsvereinigung von KPD und SED seien viele Sozialdemokraten ins Zuchthaus geworfen worden. Ihr Schicksal werde durch diese Münze verhöhnt. Was die Post "Neubeginn und Parteieneinheit" nenne, sei nichts anderes als "stalinistischer Terror und Unterdrückung" gewesen, sagte Tiefensee.

Man muss wissen: Die Post konzipiert und vertreibt seit einigen Jahren allerlei Sonderprägungen und Gedenkmünzen im Auftrag des Bundesfinanzministeriums.

Das Set "60 Deutsche Jahre" wird von der Deutschen Post als neue "Exklusiv-Edition" angepriesen. Es sei der deutsch-deutschen Geschichte von 1949 bis 2009 gewidmet, heißt es auf den Internetseiten der Post.

Bei den zwölf Einzelmünzen der Reihe handele es sich um "faszinierende Silber-Medaillen" die die "bedeutendsten Personen und Ereignisse, die unser Land in den vergangenen 60 Jahren geprägt haben", dokumentierten.

Nur noch der Metallwert

Zu diesen "bedeutendsten Personen und Ereignissen" zählen die Münz-Postler etwa Konrad Adenauer, das Grundgesetz, die Luftbrücke und bis zu dieser Woche auch die Zwangsvereinigung von KPD und SPD. . "Das war nicht sehr sensibel", kommentierte ein Sprecher der Post das Münzangebot. Sie hat am Donnerstag die umstrittene Münze aus dem Programm genommen." Bis dahin aber waren bereits etwa 1000 der zusammen 7500 SED-Münzen verkauft.

Auf dem Markt der Münzsammler greift da ein bekanntes kapitalistisches Prinzip. Der Preis wird von Angebot und Nachfrage bestimmt. Je geringer das Angebot und je höher die Nachfrage, desto höher der Preis.

Majorthomas1979 scheint das den richtigen Riecher gehabt zu haben. Für seine Münze gibt es bereits 24 Gebote. Ob der Käufer aber am Ende mit dem Silberling ebenso zufrieden sein wird, wie majorthomas1979 jetzt schon mit dem Preis, darf bezweifelt werden.

Ohne eigenen Nennwert gilt das Prägestück lediglich als Medaille, was den Wert bereits erheblich schmälert. Thomas Schmidtkonz, Betreiber der Münzsammlerseite www.sammler.com hält schon 100 Euro "für so eine schnöde Medaille für absurd".

Er prophezeit der Skandal-Münze einen erheblichen Wertverlust. "In zwei drei Jahren wird man dafür höchstens noch den Metallwert bekommen."

Das allerdings wäre ein erheblicher Verlust. Am Freitag kostet das Gramm Silber 24 Eurocent. Bei einem Gewicht von 15 Gramm läge der Material-Preis für die umstrittene Pieck-Grotewohl-Medaille bei gerade mal 3,60 Euro. Majorthomas1979 kann das dann aber egal sein.

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