Schweizer Post:Fake-Adresse im Nobelviertel

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37 Euro pro Monat kostet eine Post-Anschrift an den teuersten Ecken der Schweiz. Selbst wenn der Zahlende ganz woanders wohnt. Praktisch, auch für zwielichte Firmen.

Von Charlotte Theile, Zürich

Eine Schweizer Post Box ist eine ziemlich bequeme Sache. Zumindest, wenn man Digitalisierung mag. Denn anstatt Briefe direkt zugestellt zu bekommen, erhält man einen Scan der Sendung und entscheidet dann online: aufmachen, aufbewahren oder direkt in den Schredder damit? Dafür reicht eine E-Mailadresse, die Weiterentwicklung der Adresse sozusagen.

Trotz aller Digitalisierung: Ganz irrelevant ist die Post-Adresse noch nicht geworden. "Unter den Linden 1" klingt einfach besser als "Darmstädter Landstraße 90a". Und ganz wie im richtigen Leben ist eine repräsentative Adresse auch bei der Schweizer Post etwas teurer als eine alltägliche.

Drei Prestige-Adressen bietet das Unternehmen seinen Swiss-Post-Box-Kunden, ganz gleich ob Privatpersonen oder Unternehmen: Paradeplatz 1, Zürich, Helvetiaplatz 11, Bern, Quai du Montblanc 33, Genf.

Wer eine Anschrift wie diese zu Gesicht bekommt, erstarrt im besten Fall vor Ehrfurcht: Was für ein vermögender Kunde, was für eine etablierte Firma mit der man da im Kontakt steht. Wunderbar.

Das Problem mit der Prestige-Adresse von General Capital

Dass es den Betreffenden nur 45 Franken im Monat (etwa 37 Euro) kostet, eine derart beeindruckende Anschrift zu halten, ahnt man nicht. Oder nur, wenn man genau hinschaut: Die Schweizer Post verpflichtet ihre Kunden, stets auch die Nummer der Post Box mit anzugeben.

Sprecher Bernhard Bürki sagt, dass sich nicht alle Kunden an diese Regeln halten. Mit einer amerikanischen Kreditgesellschaft, General Capital, etwa sei man in der Auseinandersetzung, weil die Post Box bewusst verschwiegen wurde. Auch sonst zeigt die General Capital wie schwierig eine gefakte Adresse sein kann. Obwohl in ihrem Firmennamen "AG" steht, ist sie nicht im Schweizer Handelsregister eingetragen, ihr Chef Mario Papic taucht dort ebenfalls nicht auf. Einen Handelsregistereintrag fordert die Post nicht.

Etwa 100 Kunden nutzen das Angebot

Bei den meisten anderen der etwa 100 Kunden, die das seit 2009 bestehende Angebot nutzen, sei dagegen alles problemlos, sagt Bürki. Ob die Kunden das genauso sehen, ist fraglich. Nun, da sehr viele Medien über die Hintergründe der luxuriösen Anschriften berichtet haben, könnte das Angebot seine Attraktivität verlieren. Denn wenn jeder weiß, wie billig die Miete am Paradeplatz 1 ist und dass man sich die "Wohnung" mit Dutzenden anderen teilt, macht eine Prestigeadresse sofort viel weniger Spaß.

Die Schweizer Post überlegt nun, wie es mit den Status-Anschriften weitergehen soll. Gut möglich, dass es bald keine Prestige-Adressen mehr geben wird. Oder andere, bei denen noch nicht jeder weiß, wie preiswert sie in Wirklichkeit sind.

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