Schutz von Schülern:Amsterdam macht Coffeeshops dicht

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Die Coffeeshops einst Symbol der liberalen niederländischen Gesellschaft, sind nun auch in Amsterdam bedroht. Jede fünfte Bar soll schließen.

Holland war stets ein Sonderfall, wenn es um sogenannte "weiche" Drogen ging. Da wundert es auch nicht, dass das seit dem 1. Juli geltende Rauchverbot dort besonders kuriose Folgen hat. So darf in den Coffeeshops weiter zum Joint gegriffen werden, vorausgesetzt, er besteht aus purem Marihuana oder Haschisch. Alle anderen müssen vor der Tür kiffen.

Zu nahe am Gymnasium: "The Bulldog" ist einer von 43 Coffeeshops, die bald dicht machen sollen. (Foto: Foto: AFP)

Die Regelung ist allerdings nur ein Zwischenschritt. Die Regierung in Den Haag verschärft die bislang äußerst tolerante Drogenpolitik seit 2006 - das bekommt nun selbst die "Kifferhauptstadt" Amsterdam zu spüren.

Dort soll bis Ende 2011 ein Fünftel aller Coffeeshops schließen, meldet die niederländische Zeitung Telegraaf in ihrer Online-Ausgabe - weil sie zu nah an einer Schule liegen. 43 der 228 Bars für Kiffer sind davon betroffen.

Der Bürgermeister von Amsterdam, Job Cohen, erklärte: "Coffeeshops, die weniger als 250 Meter von einer Schule entfernt sind, dürfen nicht mehr betrieben werden. Dies werden wir ab 2011 umsetzen."

Kein Mindestabstand zu Grundschulen

Der sozialdemokratische Bürgermeister setzt die repressivere Politik eher unwillig um. Amsterdam führt denn auch keinen Mindestabstand von Coffeeshops zu Grundschulen ein - davon wären dann über 90 Prozent der Einrichtungen betroffen. Schließlich sind die Coffeeshops auch ein Touristenmagnet und damit eine lukrative Einnahmequelle für die Stadt. Derzeit befinden sich über 25 Prozent aller niederländischen Coffeeshops in Amsterdam und machen die Stadt zur "Cannabis-Hauptstadt" der Welt.

In anderen Städten des Landes hat die Regelung schon früher gegriffen: Rotterdam führte sie zuerst und gegen einigen Widerstand ein. 27 von 62 Coffeeshops sollen dort bis Januar 2009 die Türen schließen oder ein anderes Produkt verkaufen. Und die Stadt Den Haag war bereits vor zehn Jahren ein Vorläufer der so genannten Laufabstandsregelung: Dort dürfen in einem Radius von 500 Metern um weiterführende Schulen keine Coffeeshops betrieben werden.

Amsterdams Bürgermeister aber verteidigt den eigenen Weg: "Das jetzige System ist einigermaßen erfolgreich und auch besser als im Ausland", sagte Cohen dem Telegraaf. Der Bürgermeister plädiert für einen durchwegs geregelten Weg von Ankauf bis Verkauf. So könne die Ware besser auf ihre Qualität hin kontrolliert und zudem besteuert werden.

Bisher basiert die Drogenpolitik in den Niederlanden, die scharf zwischen weichen und harten Drogen unterscheidet, auf dem liberalen "Gedoogbeleid" ("Duldungspolitik").

Zwar verstößt in den Niederlanden auch der Handel mit "Softdrugs" gegen das Gesetz. Aber kleinere Mengen dieser Rauschgifte fallen unter das Toleranzprinzip. Auf acht Milliarden Euro wurde 2003 die Schattenwirtschaft im Drogenhandel in den Niederlanden geschätzt. So lange gerade Amsterdam daran auch mit verdient, wird sich am Ruf der "Cannabis-Hauptstadt" wohl nichts Grundlegendes ändern.

© sueddeutsche.de/dpa/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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