Schmerzensgeldklage gescheitert:Kein Zuckerli für diabeteskranken Richter

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Ein Gericht hat entschieden, dass wer durch zu hohen Zuckerkonsum an Diabetes erkrankt, selbst verantwortlich ist. Der starke Zuckergehalt von Coca Cola sei allgemein bekannt.

Wer zu viel Zucker zu sich nimmt und deshalb an Diabetes erkrankt, ist selbst verantwortlich für seine Krankheit.

Bei übermäßigem Genuss von Coca Cola droht Diabetes. Es besteht zu rund zehn Prozent aus Zucker. (Foto: Foto: AP)

Mit dieser Einschätzung hat das Landgericht Essen am Donnerstag die Klage eines zuckerkranken Juristen auf Schmerzensgeld von der Firma Coca-Cola zurückgewiesen.

Der Kläger, der selbst Richter ist, scheiterte damit bereits zum zweiten Mal mit dem Versuch, von einem Hersteller von Süßigkeiten, den er für seinen Diabetes verantwortlich macht, Schmerzensgeld zu bekommen.

Süße ist produkttypische Eigenschaft

"Coca Cola hat einen nicht unerheblichen Anteil von Zucker. Diese produkttypische Eigenschaft wird von den Konsumenten in Kauf genommen. Wer trotz der allgemein bekannten Gefahren von Zuckerkonsum Coca Cola trinkt, handelt eigenverantwortlich."

So begründete der Vorsitzende Richter der 16. Zivilkammer, Mathias Kirsten, die Abweisung der Klage von Hans-Josef Brinkmann.

Der Richter am Rostocker Oberlandesgericht hatte 5.620 Euro Schmerzensgeld verlangt, weil er seinen langjährigen Cola-Konsum als mitverantwortlich für die Entstehung der Zuckerkrankheit ansah.

Dies sahen die Essener Richter anders und verkündeten in Abwesenheit des 48 Jahre alten Klägers die für ihn bittere Entscheidung in dem seit gut drei Jahren dauernden Rechtsstreit.

Kläger lehnte Cola mit Süßstoff ab

Kirsten betonte, es gebe auch keine Veranlassung für die beantragten Schadenersatzansprüche für spätere mögliche Erkrankungen des Klägers. Der habe im Verfahren selbst mehrfach betont, Cola mit Süßstoff sei für ihn "keine Alternative" gewesen.

Somit habe sich Brinkmann über die hinlänglich bekannten Gefahren im Zusammenhang mit einem Dauerkonsum des Getränks hinweggesetzt und mögliche Wirkungen in Kauf genommen.

In einem anderen Zivilverfahren vor dem Landgericht Mönchengladbach war Brinkmann bereits mit dem Versuch gescheitert, vom Hersteller der Schokoriegel Mars und Snickers Schmerzensgeld zu bekommen.

Die Richter hatten erklärt, der hohe Zuckeranteil sei "eine Eigenschaft jeder Süßigkeit, die der Verbraucher auch erwartet". Das Oberlandesgericht Düsseldorf lehnte später die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ab.

"Dass Cola süß ist, wissen wir"

Zu Beginn des Prozesses gegen Coca-Cola im November 2001 hatte der Kläger erklärt, sein Gewicht sei wegen seines regelmäßigen Konsums von Cola und Snickers auf rund 100 Kilo gestiegen. Deshalb sei bei ihm ein Diabetes vom Typ II manifest geworden.

Die Kammer hatte bereits zum Prozessauftakt erklärt: "Dass Coca-Cola süß ist, wissen wir. Das steht ja auch auf den Flaschen. Aber Gift ist schließlich eine Frage der Dosierung." Kirsten betonte, beim Zucker in Coca-Cola handele es sich genauso um "typische bekannte Gefahren" wie bei Tabak- oder Alkoholkonsum.

Auch auf die getrunkene Menge komme es in dem konkreten Fall nicht an, da mögliche Folgen auch immer vom Gesundheitszustand und den Ernährungsgewohnheiten des jeweiligen Verbrauchers abhingen.

Hersteller muss nicht warnen

Das Gericht sah auch keine Notwendigkeit für eine erweiterte Informationspflicht des Getränkekonzerns. Zudem sei es auch ohne Belang, welche Zuckerarten in Coca-Cola Verwendung fänden.

Coca Cola besteht zu rund zehn Prozent aus Zucker. Genaue prozentuale Mengenangaben sind für Lebensmittel in Deutschland allerdings nicht vorgeschrieben.

Der Mönchengladbacher Richter hatte in seinem Urteil erklärt, die Klage Brinkmanns sei "ein typisches Beispiel für unsere Spiel-,Spaß- und Genussgesellschaft." Wenn sich die Risiken einer solchen Lebensweise verwirklichten, sei es leider weit verbreitet, die Schuld dafür bei anderen zu suchen.

Im November 2003 hatte ein Gericht die erste Zivilklage eines Rauchers vor einem deutschen Gericht gegen einen Zigarettenhersteller mit Verweis auf eigenverantwortliches Verhalten abgewiesen.

Das Urteil des Essener Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung kann Berufung beim Oberlandesgericht Hamm eingelegt werden.

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