Rückblick 2007:Juli

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Die Rote Moschee in Islamabad wird tagelang belagert. Popstars singen gegen den Klimawandel, und Dopingfälle machen die Tour de France zum Spott.

1.7. Portugal übernimmt den EU-Ratsvorsitz von Deutschland. Angela Merkel zieht eine positive Bilanz ihrer halbjährigen Tätigkeit.

Um die Rote Moschee kommt es zu schweren Kämpfen zwischen radikal-islamischen Koranschülern und Sicherheitskräften. (Foto: Foto: AFP)

3.7. Im Tarifkonflikt bei der Bahn kommt es zu ersten Warnstreiks. Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) legt den Bahnverkehr in ganz Deutschland weitgehend lahm. Am 9.7. einigen sich die DB AG und die Gewerkschaften Transnet und GDBA auf einen Tarifabschluss und Einkommenssteigerungen von 4,5 Prozent. Die GDL beharrt auf einem eigenen Tarifvertrag und fordert bis zu 31 Prozent mehr Lohn. Am 6.8. gibt die GDL bekannt, 95,8 Prozent der Mitglieder hätten für einen Streik gestimmt. Am 10.8. einigen sich Bahn und Gewerkschaft nach diversen Auseinandersetzungen vor Arbeitsgerichten, den Streik bis Ende August auszusetzen.

3.7. In Islamabad kommt es zu schweren Kämpfen zwischen radikal-islamischen Koranschülern und Sicherheitskräften um die Rote Moschee; die Koranschüler verschanzen sich in dem Gebäude. Am 10.7. stürmt die Armee die Moschee; mindestens 100 Menschen werden getötet, unter ihnen der Anführer der Islamisten; es gibt Hunderte Verletzte.

7.7. Bei einem 24-stündigen Musikmarathon machen zahlreiche internationale Topstars auf die Bedeutung des Klimawandels aufmerksam. Die "Live-Earth"-Konzerte finden in diversen Metropolen auf allen Kontinenten statt.

14.7. Der russische Präsident setzt die Teilnahme Moskaus an der KSZE-Abrüstungskonferenz vorläufig aus. Er reagiert damit auf den Streit zwischen Russland und den USA über ein geplantes US-Raketenabwehrschild, das in Polen und Tschechien entstehen soll. Moskau sieht dadurch seine Interessen gefährdet.

16.7. Nach langem Streit zwischen Deutschland und Frankreich wird die Doppelspitze beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS abgeschafft. Alleiniger Chef des Luftfahrtunternehmens wird der Franzose Louis Gallois. Der Deutsche Thomas Enders übernimmt die Führung von Airbus.

17.7. Der Oberste Justizrat von Libyen wandelt die Todesurteile vom Mai 2004 gegen fünf bulgarische Krankenschwestern und einen Arzt in lebenslange Haft um. Der Staat wirft den Verurteilten vor, 400 Kinder vorsätzlich mit Aids infiziert zu haben. Die westliche Welt hatte seit langer Zeit gegen jegliche Verurteilung protestiert. Nach weiteren diplomatischen Interventionen werden die sechs freigelassen und am 24.7. nach Sofia ausgeflogen - wo sie begnadigt werden, nach mehr als acht Jahren in libyschen Gefängnissen. Wenig später berichten einige von Folter in den Haftanstalten.

18.7. Die Tour de France wird erneut von zahlreichen Dopingfällen überschattet. Nach dem Bekanntwerden von Vorwürfen gegen den Profi des Team Telekom, Patrick Sinkewitz, beenden ARD und ZDF ihre Live-Berichterstattung aus Frankreich. Der Privatsender Sat 1 übernimmt die Sendelizenz. Nach einem positiven Blutdopingtest beim Fahrer Alexander Winokurow zieht sich dessen Team Astana von der Tour zurück, am 25.7. wird der Gesamtführende Michael Rasmussen wegen Dopingverdachts aus dem Rennen genommen. Am Ende gewinnt der spanische Radprofi Alberto Contador. Der Fahrer des Team Discovery Channel steht unter dem verdacht mit dem Dopingarzt Eufeminano Fuentes zusammengearbeitet zu haben.

18.7. In Afghanistan werden zwei Deutsche entführt. Am 21.7. wird die Leiche des Ingenieurs Rüdiger D. gefunden, er war nach einem Zusammenbruch von den Entführern erschossen worden. Von dem anderen Deutschen, Rudolf B., fertigen die afghanischen Kriminellen, die den Taliban nahestehen, mehrere Erpresservideos an, die in arabischen Sendern ausgestrahlt werden. Am 10.10. kommt Rudolf B. nach 85 Tagen in Geiselhaft im Austausch gegen vier gefangene Komplizen der Entführer frei. Ebenfalls werden 23 südkoreanische Entwicklungshelfer entführt, zwei der Geiseln werden erschossen. Am 29. und 30.8. werden sie nach intensiven Bemühungen der Regierung in Seoul freigelassen.

21.7. Weltweit startet der Verkauf des letzen Bandes von Harry Potter. Innerhalb weniger Stunden werden Millionen von Exemplaren abgesetzt. Die deutsche Übersetzung kommt unter dem Titel "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" am 27.10. auf den Markt.

22.7. Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen erringt die islamisch-konservative Partei AKP von Ministerpräsident Tayyip Recep Erdogan überraschend die absolute Mehrheit.

24.7. Das Bundeskabinett beschließt die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn. Die Infrastruktur wie das Schienennetz soll 15 Jahre in Besitz des Bundes bleiben, wobei es die Bahn in vollem Umfang nutzen darf. Bis 2008 sollen maximal 25 Prozent der Anteile verkauft werden. Aus den Ländern und von Verbänden kommt massive Kritik, im Oktober beschließt der SPD-Parteitag eine deutliche Modifikation der Pläne, was nach Worten von Kanzlerin Angela Merkel den gesamten Plan gefährdet.

30.7. Die schwere Krise auf dem US-Immobilienmarkt hat auch Auswirkungen auf Deutschland. Die Deutsche Industriebank (IKB) hatte in den USA mit riskanten Kreditpaketen spekuliert. Die staatliche KfW-Förderbank und andere Banken müssen mit hohen Summen aushelfen, um die Zahlungsfähigkeit der Bank zu gewährleisten. Der IKB-Vorsitzende wird abgelöst.

31.7. Der UN-Sicherheitsrat stimmt nach langem Hin und Her für die Stationierung einer Friedenstruppe in der westsudanesischen Krisenprovinz Darfur. Die Rede ist von 20 000 Soldaten der Afrikanischen Union und der UN, die notfalls auch mit Waffengewalt über die Einhaltung eines Waffenstillstands wachen sollen. In dem blutigen Konflikt sollen bereits mehr als 200 000 Menschen getötet worden sein, mehr als zwei Millionen sind auf der Flucht.

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