Reiselustige Greifvögel:Geier über Belgien

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Weil sie in Spanien nicht genug zu fressen finden, sind etwa 100 Geier nach Norden geflogen. Die Belgier lieben die Vögel und diskutieren eifrig: füttern oder nicht füttern?

Eine Gruppe riesiger Greifvögel begeistert Belgien: Seit am Wochenende fast 100 spanische Gänsegeier im Königreich landeten, sind die riesigen Vögel das Tagesgespräch im Land.

Superstars in Belgien: Drei der spanischen Gänsegeier (Foto: Foto: dpa)

Der Rundfunk nennt in den Frühnachrichten die neuesten Ruheplätze der fliegenden Aasfresser, hunderte Schaulustige schwärmen im Morgengrauen mit Ferngläsern aus, neugierige Schulklassen ziehen zum Geier-Gucken an den Waldrand.

Mehr als 1000 Kilometer haben die Geier von den Pyrenäen bis nach Belgien zurückgelegt - offensichtlich auf der Suche nach Nahrung: "Wir wissen, dass die Tiere seit geraumer Zeit nicht gefressen haben", sagte Jan Rodts vom flämischen Vogelschutzbund im Radiosender VRT.

In Spanien, so heißt es, fänden die Aasfresser nicht mehr genügend Kadaver: Eine EU-Vorschrift verbiete den Bauern dort seit 2003 das Liegenlassen von totem Vieh auf den Weiden, um Seuchen wie dem Rinderwahnsinn vorzubeugen.

Dem widersprechen Experten der Brüsseler EU-Kommission. Spanien und vier andere südeuropäische Heimatländer der Geier dürften unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen erlauben.

Das tun sie aber nur teilweise, erzählte VRT-Korrespondent Steven Adolph aus Madrid den belgischen Geier-Fans: Die spanische Provinz Aragon etwa habe alle Kadaverplätze geschlossen - die Aasfresser gehen seither leer aus.

Füttern oder nicht?

In Belgien tobt nun eine Debatte, ob man die hungrigen Tiere füttern solle. Brauchen die Vögel eine Stärkung vor dem Rückflug? Oder bewegt sie Futter nur zum Bleiben? Jan Rodts und seine Freunde schritten am Dienstag zur Tat.

Am Morgen besorgten sie sich in einem Fleischereibetrieb 200 Kilogramm Schlachtabfälle und legten sie auf einer Weide bei Ninove westlich von Brüssel aus. Auf den Bäumen eines nahen Waldes hatten 28 Gänsegeier die Nacht verbracht.

Der Bauernverband und Flanderns Umweltminister Kris Peeters kritisierten die Fütterung. "Das ist gesetzlich verboten", erklärte der Minister nach Beratungen mit Fachleuten. Die Experten halten die Geier für fit genug, um nach Spanien zurückzukehren.

Und tatsächlich: Die Vögel verschmähten das frische Schweinefleisch vom Frühstückbüfett bei Ninove, schwangen sich am Dienstag wieder in die Luft und verschwanden in südwestlicher Richtung. Nur ein geschwächtes Tier blieb laut Radiosender VRT zurück.

Bis nach Mecklenburg-Vorpommern

Andere Artgenossen zogen offenbar schon in Gebiete weiter, in denen Geier seit 150 Jahren ausgestorben waren. Dutzende Vögel überquerten nach Angaben der Zeitung Het Laatste Nieuws vom Dienstag die Grenze zu den Niederlanden.

Mitte Mai hatten Vogelkundler zudem zwei Dutzend der riesigen Segler - die Spannweite ihrer Flügel erreicht 2,80 Meter - bereits in Baden-Württemberg geortet. Im vergangenen Jahr waren Trupps von bis zu 70 Tieren auf der Futtersuche sogar bis nach Mecklenburg-Vorpommern vorgestoßen.

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